Nachtrag: Die Kontroverse aus dem Jahr 2009 um das Interview könnt ihr hier nachlesen:
http://www.fabik-packt-aus.tk/
Eine damalige Stellungnahme zum Interview findet ihr hier.
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Aus gutem Grund bieten die meisten Medien Nazis keine Plattform für ihre Meinungen. Diesem Grundsatz ist auch die Unique verpflichtet. Problematisch daran erscheint uns allein ein Umstand: Ein bestimmter Ausschnitt der gesellschaftlichen Realität bleibt konsequent ausgesperrt. Die allgemeine Unkenntnis über die wahren Ziele und Strategien der rechten Szene birgt außerdem gewisse Gefahren. Obwohl sich unsere Sympathien für Nazis in engen Grenzen halten und wir uns des enormen Risikos bewusst sind, ließen wir ein Mitglied des „Nationalen Widerstands“ und der Jenaer NPD zu Wort kommen. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten trafen wir Emil G. (25)* zum Interview in einer gutbürgerlichen Jenaer Gaststätte.
Unsere Einstiegsfrage, die wir auch bei unserer Straßenumfrage gestellt haben, lautet, wogegen oder wofür kämpfst du?
Wie alle politischen Idealisten jeglicher Couleur für eine bessere und gerechtere Welt, was in meinem und unseren Falle bedeutet: gegen den ausufernden Kapitalismus. Gegen die Globalisierung kämpfen wir und gleichzeitig für mehr soziale Gerechtigkeit und den Erhalt der Kulturen und der Völker.
Das waren jetzt alles sehr allgemeine Ziele. Hast du auch konkrete, persönliche Ziele für die du hier in Jena kämpfst?
Es gibt das große Ziel und dieses Ziel lässt sich natürlich nur umsetzen, wenn man regionalen Rückhalt entwickelt. Wenn man sich bundesweit in den Regionen für die Umsetzung dieser Ziele engagiert. Deshalb muss jeder dort anfangen, wo er lebt.
Engagierst du dich für ein spezielles Projekt?
Wir entwickeln regionale Ziele, die wir versuchen umzusetzen, aber immer im Kontext des höheren Ziels.
Kannst du ein paar dieser regionalen Ziele nennen?
Sowohl regional als auch bundesweit versuchen wir, das Bild von uns, was die Medien nur verzerrt wiedergeben, in der Realität gerade zu rücken. Das bedeutet, wir versuchen über Flugblattaktionen oder über andere Projekte mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen. Konkreteres kann ich dazu jetzt nicht sagen.
Warum denkst du, werden eure Inhalte und Aktionen, wie du sagst, medial nur verzerrt wiedergegeben?
Die vierte Macht im Staat sind die Systemmedien und die Presse. Da wir eine klare Opposition darstellen, versucht das System, uns natürlich außen vorzuhalten. Damit lange genug die an den Trögen bleiben, die momentan dort sitzen. Deswegen werden die Medien instrumentalisiert, um unsere Ziele zu verklären. D.h. es werden Kinder, die sich selber verstümmeln, als Aufhänger genommen, um ein NPD-Verbot zu fordern. Es wird Alles aufgegriffen, was irgendwo im NPD-Umfeld passiert sein könnte, um gegen uns zu hetzen, ohne unsere Ziele zu erläutern. Es werden nie Punkte, wie Soziales, aus unserem Programm aufgegriffen und in den Medien erläutert. Wenn ein Mensch mit kurzen Haaren eine Straftat begeht, dann wird versucht, dies medial so umzumünzen, damit dadurch Hetze gegen die NPD möglich wird. Wenn jemand eine Tankstelle überfällt und es kommt heraus, dass er SPD-Wähler war, wird man nie versuchen, ihn als Staatsfeind darzustellen. Und das ist eine klare Verzerrung, weil niemals unsere wahren Ziele in den Medien preisgegeben werden.
Die Systemmedien sind also ausschließlich links?
Definitiv. Die größten Verlagshäuser haben damals noch von den Alliierten ihre Lizenzen bekommen und konnten nur so ihre Medienmacht entwickeln. Jedem Medium, welches wir versuchen zu etablieren, werden möglichst viele Steine in den Weg gelegt. Und selbst daraus entstehen wieder Aufhänger, wie ‚NPD druckt Zeitungen im Ausland‘. Doch aufgrund der Hetze und des Terrors können wir unsere Medien gar nicht mehr im Inland drucken.
Woran liegt das?
Das liegt daran, dass wir eine oppositionelle Kraft sind und würden wir versuchen, unsere Gedanken in die Tat umzusetzen , würden natürlich einige Stühle wackeln, auf denen heute noch Leute sitzen, die das verhindern wollen. Deshalb werden die Medien gegen uns instrumentalisiert.
Historische Ursachen, d.h., dass die Menschen einfach von der Wiederholung des Ganzen Angst haben, hat das, deiner Meinung nach nicht?
Es wird als Aufhänger genommen. Natürlich werden wir immer in historischen Zusammenhang mit der NSDAP gebracht. Fakt ist, dass die NPD 1964 nicht aus Altkadern der NSDAP gegründet wurde, wie es bei der Linkspartei ist. Den Menschen soll suggeriert werden, die NPD würde zu einem neuen Holocaust führen.
Trotz allem werdet ihr von der Mehrheit der Bürger Jenas abgelehnt. Was ist deine persönliche Motivation, dich für die Menschen einer Stadt einzusetzen, die eure Position so entschieden ablehnt.
Ich glaube nicht, dass ein Großteil der Bevölkerung unsere Position mehrheitlich ablehnt. Die Mehrheit der Bevölkerung hat gar keinen Zugang zu unseren Positionen. Sie erfahren durch die Medien ein undifferenziertes Bild von uns: „Der übliche Neonazischläger, der mit seinem qualifizierten Hauptschulabschluss sein Leben nicht auf die Reihe bekommt und aus Minderwertigkeitskomplexen über Ausländer herzieht.“ Das ist die Meinung, die die Leute eingetrichtert bekommen. Aber die Menschen sind nicht gegen unseren wirklichen Ziele und Positionen. Das Problem ist, dass wir die Schweige- und Hetzspirale der Medien durchbrechen müssen, um den Bürgern zu zeigen, was wir wirklich sind – dann bekommen wir auch mehr Rückhalt. Das ist meine persönliche Motivation. Ich weiß, wir vertreten die richtigen Ziele. Ich weiß, dass die Ziele zum Wohle der Bürger sind und unterbewusst wissen sie das auch. Das ist meine Motivation, so weiter zu machen wie bisher.
Du bist im NPD-Schulungszentrum in Alt-Lobeda aktiv, besser bekannt als Braunes Haus. Kannst du uns einen Eindruck vom Leben und Arbeiten in dem Haus geben?
Der Grundsatz vom nationalen Wohn- und Schulungszentrum war von Anfang an, dass die Presse nicht in das Haus gelassen wird. Der Grund sind die negativen Erfahrungen, die andere Projekte zuvor machen mussten. Der Grundsatz besteht nach wie vor, deshalb sehe ich mich nicht befugt, Näheres preiszugeben über das Leben und Arbeiten in der Jenaischen Str. 25. Alles, was an die Öffentlichkeit darf und soll, findet man auf unserer Internetseite.
Du sagtest, ihr sucht die Öffentlichkeit, bekommt sie aber nicht. Wäre solch ein Zentrum nicht eine gute Möglichkeit, Öffentlichkeit zu erreichen?
Wer an der Partei, am Umfeld oder an der größeren Bewegung interessiert ist, kann in die Jenaische Str. 25 kommen, dort klingeln und bekommt die Informationen, die er braucht.
Aber wir könnten es nicht?
Ihr könntet als Privatperson dort hinkommen, würdet eure Informationen bekommen und würdet genauso betreut werden wie der Rest auch. Die Negativerfahrungen mit den Medien haben dazu geführt, dass jeder seine persönlichen Erfahrungen machen darf, aber es in den Medien sowieso anders dargestellt wird. Darum gibt es diesen Grundsatz und darum habe ich keine Befugnis, Weiteres zu besprechen.
Heißt das, dass es bei öffentlichen Veranstaltungen Türkontrollen gibt, bei denen Pressevertreter ausgesondert werden?
Man kennt natürlich den politischen Gegner, darum weiß man, welche Personen definitiv kein Interesse hätten, dort sich das anzuhören oder produktiv mitzuarbeiten, sondern dass es Personen gibt, die gezielt Informationen heraushören wollen, die zu unserem Schaden wären. Deswegen wird natürlich an der Tür geschaut. Aber solange es keinerlei vorbelastende Dinge gibt, ist es kein Problem, hereinzukommen.
Das Braune Haus mit seinen verbarrikadierten Türen und Fenstern, abgeschottet am Rande Jenas gelegen scheint sinnbildlich für die gesellschaftliche Stellung der NPD zu stehen. Warum kommen die Positionen der NPD in der breiten Öffentlichkeit kaum an?
Kann man von der Optik eines Asylantenheims darauf zurückschließen, dass dieses in der Gesellschaft nicht gewollt ist?
Die Formulierung war auch nicht als Rückschluss, sondern als Versinnbildlichung für die Position der NPD gemeint.
Dann muss ich wieder das Gleiche wie zuvor sagen. Unsere Positionen werden in der Öffentlichkeit falsch oder gar nicht dargestellt. Bei Fernsehinterviews von Parteikadern werden die Mikrophone abgestellt, sie werden permanent unterbrochen, damit sie die wahren Ziele nicht preisgeben können. Das führt dazu, dass wir medial keine Macht entwickeln konnten und unsere Ziele nicht so wie andere Parteien publizieren konnten. Da müssen wir ansetzen. Was uns hilft, ist das wachsende Medium Internet. Dort ist für jeden eine unzensierte Überprüfung unserer Ziele möglich. Das werden wir weiter ausbauen, sodass jeder einen freien Zugang zu den Informationen bekommen kann.
Dir ist wahrscheinlich klar, dass wir ein eher linkes Medium sind. Warum gibst du uns ein Interview?
Schwierige Frage. Wahrscheinlich, weil es sich bei euch um ein eher kleineres Medium handelt. Würde ich mit Spiegel oder Focus reden, wüsste ich definitiv, dass kein Satz von mir stehen bleiben würde, sondern es würde versucht werden, alles so umzuschreiben, dass wir in den Dreck gezogen werden. Es würden Zitate aus dem Kontext gerissen und falsch dargestellt werden.
Du hast nun schon mehrmals auf die Probleme der NPD hingewiesen. Politisch seit ihr völlig isoliert, chronisch unterfinanziert und gammelt seit Jahrzehnten fast nur in Kreistagen und Gemeinderäten herum, während die Linke in den letzten Jahren große Erfolge erzielen konnte. Das Internet als einen Ansatzpunkt hast du schon genannt, mit welchen Mitteln wollt ihr noch die Mitte erobern?
Ich greife erst einmal die Linke auf. Vor ihren ganzen Umbenennungen hatte die SED weitaus mehr Macht, als die Linkspartei sie jetzt hat. Und in dieser Kette steht sie definitiv. Die Linkspartei ist eine umbenannte SED. Dass sie heute keine 90%-Ergebnisse mehr hat, heißt, dass sie – Gott sei dank – noch nicht wieder ihren alten Punkt erreicht hat. Die Linkspartei hat deshalb heute so einen Zuwachs, weil die Menschen nach der Teilwiedervereinigung sich die versprochenen blühenden Landschaften erhofften. Stattdessen sind wir in diesen Turbokapitalismus mit herein gezogen wurden, der uns zunehmend auch sozial aussaugt. Der soziale Kahlschlag greift um sich und die Menschen verlangen wieder nach etwas Sozialerem. Die Linke hat es geschafft, sich als Oppositionspartei darzustellen. Dass es der falsche Weg ist, nun wieder zu den Klassenkampfpredigern zu rennen – das ist nun unsere Aufgabe, es den Leuten klarzumachen. Wir haben nicht erst seit wenigen Jahren soziale Punkte in unserem Programm. Dadurch, dass wir die Medienmacht nicht haben, die andere Parteien besitzen, müssen wir per Bürgernähe und per Bürgergespräche an die Menschen heran treten und müssen ihnen unsere Ziele erklären. Das Gute daran ist, dass wir gezwungen sind, die Bürgernähe zu wahren, was andere Parteien nicht sind. Der Druck und die Repressionen, die gegen unsere Mitglieder wirken, führen dazu, dass bei uns nur wahre Idealisten sitzen und nicht Leute, die einfach nur ein gesichertes Einkommen in irgendeinem Landtag haben wollen.
Was ist mit Extremisten, Schlägern, Kriminellen?
Wir leben in einer extremen Zeit und wir haben extreme Probleme vor uns. Extrem muss nicht schlecht sein. Wenn ich ein Idealist bin, heißt das, ich habe Ziele an die ich glaube. Damit bin ich Extremist – das macht mich aber nicht schlecht. Natürlich haben wir Extremisten in unseren Reihen und das ist vollkommen gut so. Hier in unserer Region haben wir keine Schläger, ob das bundesweit so ist, kann ich nicht beurteilen. Jede Partei hat unterschiedliche Elemente in ihren Reihen, das ist bei uns aber sicher nicht ungewöhnlich.
Trotzdem gab es immer wieder Angriffe und Ueberfälle auf Ausländer oder die Junge Gemeinde in Jena.
Ich war bei keinem Überfall oder sonst irgendwas dabei.
Ich erinnere mich noch an eine Sitzung des Aktionsnetzwerkes, bei der ca. 10 Vermummte durch die Uni gelaufen sind, „Hier marschiert der Nationale Widerstand!“ riefen und versuchten, mit Gewalt in den Raum zu kommen. Ganz gewaltlos seid ihr ja anscheinend dann doch nicht.
Bist du dir sicher, dass es gewalttätig abgelaufen ist?
Es wurde gedrängelt, geschrien, gestoßen und auf ähnliche Weiße wurden diese Personen dann auch wieder vertrieben und es wurde nicht respektiert, dass die Tür für Nazis verschlossen ist. Allgemein gefragt, wie weit darf es denn gehen, welche Mittel sind legitim?
Uns werden demokratische Mittel verwehrt. Wir bekommen kein Podium, um unsere Ziele zu erklären. Das Aktionsnetzwerk versucht, Lügen über uns zu verbreiten und uns nicht zu Wort kommen zu lassen. Wir sind stattdessen der Meinung: lieber miteinander, als übereinander reden. Deswegen wäre es meines Erachtens nach durchaus legitim, Veranstaltungen dieser Art zu besuchen, sich ein Podium zu schaffen und den Leuten zu sagen, wie es wirklich ist, anstatt über sich hetzten zu lassen.
Ist Gewalt dabei ein legitimes Mittel?
Gewalt ist definitiv nie ein legitimes Mittel, egal in welcher Situation. Aber die Frage ist, was als Gewalt angesehen wird. Uns wird definitiv auch Gewalt angetan, indem in den Medien über uns gehetzt wird, Namen veröffentlicht werden, über uns Lügen erzählt werden und wir in eine Position gedrängt werden, in der wir gar nicht sind. Das ist auch eine Form von Gewalt. Uns versucht man damit die Existenz zu entziehen. Jemanden aus dem Berufsleben zu schmeißen ist eine viel schlimmere Form der Gewalt, als wir jemals praktiziert haben. Versuchen durch eine Tür zu kommen, um sprechen zu dürfen, ist meines Erachtens keine Gewalt.
Oberflächlich betrachtet könnte man meinen, dass Antifa und „Nationaler Widerstand“ sich in ihren Positionen und Rollenbildern in letzter Zeit immer ähnlicher werden: Kapitalismus und EU-Kritik, soziale Gerechtigkeit, Mobilisierung der Jugend, Dresscodes, internationale Solidarität, seit neuestem auch ein antiautoritärer Habitus. Macht ihr letztendlich dasselbe?
Zuerst ist die Frage so nicht richtig. Wir werden uns nicht nur in letzter Zeit immer ähnlicher. Wir haben seit den Anfangsjahren des Nationalen Widerstandes Kapitalismuskritik geübt. Daraus ergibt sich natürlich die EU-Kritik. Die EU ist nichts weiter als der verwaltete Kapitalismus und die verwaltete Globalisierung auf europäischem Gebiet. Wir haben nicht wirklich Dresscodes. Früher kamen viele Anhänger des Nationalen Widerstands aus der Skinhead-Subkultur, trotzdem stellen wir einen Teil des Volkes dar. Wir kommen aus allen Schichten, aus allen Ebenen des Volkes. Deswegen ist unser Erscheinungsbild vielfältig. Wir haben keine Dresscodes im Sinne von „Du musst Glatze haben!“ oder „Du musst rumlaufen wie ein Autonomer!“. Wir sind auch optisch sehr vielschichtig und das ist natürlich eine gute Entwicklung. Warum sollten wir uns bewusst abgrenzen, indem wir eine Subkultur etablieren oder uns subkulturell verhalten, obwohl wir doch eigentlich Wahrer der deutschen Kultur sind?
Trotzdem habt ihr in vielen Positionen sehr ähnliche Ziele. Vielleicht kannst du noch einmal konkreter sagen, worin ihr euch unterscheidet.
Links sowie Rechts, um auf die veralteten Termini zurückzugreifen, haben die gleichen Symptome erkannt. Wir erkennen alle den vorangehenden sozialen Kahlschlag, aber wir sehen unterschiedliche Gründe und Mittel, mit denen man diese Symptome bekämpfen kann. Während die Linke glaubt, die Probleme mit einem internationalen Sozialismus bewältigen zu können, denken wir, dass dies nicht gelingen kann. Wenn Kapitalismus und Globalisierung international sind, kann die Lösung nur national sein. In national geschaffenen Räumen müssen wir die Reglementierungen schaffen, um den Kapitalismus einzugrenzen, um eine soziale Politik möglich zu machen. Das ist im Bund vieler Nationen möglich. Wir bekämpfen die gleichen Symptome – aber mit unterschiedlichen Zielen.
Gibt es noch andere Gemeinsamkeiten, außer, dass ihr die „gleichen Symptome“ bekämpft?
Bei beiden spielt das jugendliche Rebell-Sein eine große Rolle, wobei sich das bei uns viel schneller verliert. Wir sind einer viel größeren Repression ausgesetzt als linke Jugendliche, die vom Staat hofiert werden, deren Veranstaltungen unterstützt werden, die polizeilich weit weniger angegriffen werden als wir. Deswegen haben wir einen großen Ausschuss. Es kommen 16-Jährige zu uns, die dem Druck nicht lange standhalten oder die merken, dass sie doch nicht idealistisch genug sind, um dem Druck standzuhalten. Das ist bei der Linken natürlich anders, wo du wohlbehütet politisch agieren kannst.
Ist das nicht irgendwann frustrierend? Kommt man nicht irgendwann zu dem Punkt, wo man denkt „Leckt mich alle!“?
Ganz im Gegenteil: Wenn man den Gegenwind spürt, dann weiß man, dass man auf dem richtigen Weg ist bzw. dass man in die richtigen Wunden gestochen hat. Deshalb führt Gegenwind eher dazu, den Weg beizubehalten.
Jetzt hatten wir die Antwort aus idealistisch-rationaler Perspektive. Gibt es nicht auch einfach Momente, in denen du emotional am Ende bist? Allein einen Platz für das Interview zu finden, war schon schwierig. Wenn du nun abends durch Jena läufst und weißt, in dieser oder jener Straße bin ich nicht sicher, ist das nicht frustrierend?
Man gewöhnt sich daran. Viel frustrierender finde ich die Symptome, von denen ich geredet habe. Wenn ich an die Zukunft denke, die ich oder meine Kinder haben werden, dann finde ich das emotional frustrierend. Deshalb nehme ich lieber die Repressionen, die mir heute entgegen schlagen, in Kauf, als keine Zukunft zu haben.
Einer der Grundkonstanten der NPD-Politik ist die stetige Warnung vor der sog. „Üeberfremdung“ der deutschen Gesellschaft. Gleichzeitig findet nun schon seit mehreren Jahren in Jena das sog. „Fest der Völker“ statt. Wo beginnen und wo enden Interkulturalität und internationale Solidarität bei euch?
Alles, was in einem der europäischen Staaten politisch passiert, hat europaweite Auswirkungen. Wenn in Deutschland sozialdemokratisch gewählt wird, hat das europaweite Auswirkungen. Dann ist die Entwicklung in anderen Ländern ähnlich. Alle Völker in Europa leiden unter dem sozialen Kahlschlag, unter dem Turbokapitalismus und Identitätslosigkeit durch zunehmende Überfremdung. Deshalb solidarisieren wir uns mit den europäischen Mitstreitern und unterstützen sie bei ihrem Kampf in ihrem Land.
Internationale Solidarität und nationale Selbstständigkeit ist kein Widerspruch?
Das ist überhaupt kein Widerspruch. Wenn Nationalisten in einem europäischen Land es schaffen würden, die Souveränität wiederherzustellen, die Überfremdung zu stoppen und eine radikal soziale Marktwirtschaft oder einen nationalen Sozialismus zu etablieren, dann wird es europaweite Auswirkungen haben. Dieses Beispiel wird uns helfen, mit den gleichen Mitteln zu kämpfen und etwas Ähnliches zu etablieren. Wir kämpfen gemeinsam für Souveränität. Wir kämpfen jeder in seinem Land für einen Nationalismus. Das ist kein Widerspruch.
Macht ihr Unterschiede zwischen den Völkern? Ist es dasselbe, wenn sich Israel oder wenn sich Polen für national befreit erklärt?
Das ist ein äußerst umstrittenes Thema, wobei man geschichtliche Hintergründe mit einbeziehen muss. Wenn Israel sich national manifestiert, dann geschieht das zum Leid des palästinensischen Volkes, welchem ein Teil seines Landes weggenommen wird. Wobei sie nicht die Einzigen sind, denen zum Wohle Israels Ländereien weggenommen wurden. Wir sehen das natürlich kritisch und erklären uns mit dem palästinensischen Volk solidarisch, weil denen durch den israelischen Imperialismus ihr Land geraubt wurde. Sonst werden unter den Völkern aber keine Unterschiede gemacht. Den Rassismus, der uns nachgesagt wird, den gibt es nicht. Der rumänische Kamerad ist genauso viel wert, wie der deutsche Kamerad. Nur dass der rumänische Kamerad in seinem Land für die Etablierung des Nationalismus kämpft.
Die Solidarität hält dann aber nur solange an, wie er in seinem Land bleibt. Was ist, wenn der rumänische Kamerad als Asylbewerber ins Wohnheim in Lobeda kommt?
Das ist etwas, was wir nicht nachvollziehen können. Wir sehen auch, dass es in Deutschland bergab geht und es immer schwerer wird, sich eine weitere Zukunft zu erkämpfen. Deswegen ziehen wir nicht den Rückschluss, feige ins Ausland zu gehen während das Heimatland zugrunde geht. Jeder bleibt dort, wo er geboren wurde, und kämpft dafür, dass es dort dem Volk besser geht.
Du findest es heute, während die gesamte weltweite Entwicklung in eine andere Richtung geht, noch vernünftig, so zu denken?
Wir befinden uns auf einer richtigen Talfahrt und sind wahrscheinlich die letzte Opposition, die sich dagegen wehrt bzw. die die richtigen Mittel propagiert, um sich dagegen wehren zu können. Pessimistisch betrachtet wird es wahrscheinlich verdammt schwer, dies überhaupt noch umzukehren, da uns nur noch wenige Jahre bleiben, bis Völker und Nationen aufgelöst sind. Trotzdem ist der Weg richtig.
Kaum eine Veranstaltung hat in den letzten Jahren mehr Menschen auf die Straße gebracht als die Gegenveranstaltungen zum „Fest der Völker“. Warum, glaubst du, demonstrieren und protestieren jedes Jahr wieder so viele Menschen gegen die Veranstaltungen?
Beim Aufbau des zweiten „Fest der Völker“ ließen sich ein paar interessante Gespräche führen, bei denen wir feststellten, dass sehr viele Menschen da waren, um sich ein Bild von uns zu machen. Viele Menschen hätten die Veranstaltung gerne besucht, hatten aber Angst an der Presse vorbei zu laufen und durch die Polizeikontrollen zu gehen, um zu uns zu kommen. Dies führt zu einer Kriminalisierung von uns. Ich denke ein Großteil der Menschen die da waren, wollten sehen, was überhaupt dort abläuft; wollten sehen, wie es bei uns aussieht, wie es auf der Gegenveranstaltung aussieht und wurden natürlich der Gegenveranstaltung zugerechnet, weil sie nicht bis zu uns vor kamen bzw. weil sie sich nicht getraut haben, durch die Polizeikontrollen bis zu uns vorzudringen.
Also bestanden die Gegenveranstaltungen aus Nazi-Sympathisanten und Schaulustigen?
Es waren Menschen, die die Realität sehen wollten, fernab der Medienhetze.
Glaubst du das wirklich?
Wir haben genug Gespräche geführt mit Leuten von außerhalb. Beim Aufbau oder als die Polizeiketten noch nicht dicht waren, sind genug Leute an uns herangetreten. Natürlich ist es Fakt, dass ein Großteil der Leute, wahrscheinlich auch aufgrund der Medienhetze, uns bekämpfen wollten, weil sie denken, wir würden einen neuen Holocaust auslösen – oder anderen Schwachsinn. Fakt ist aber auch, dass – wenn die Gegenveranstaltung der gleichen Repression unterlegen hätte wie unsere Veranstaltung, wenn die berufliche Existenz gefährdet wäre, wenn man damit rechnen muss, dass man fotografiert wird vom politischen Gegner, von den Medien, wenn man damit rechnen müsste, dass man Ärger bekommt vom Arbeitgeber, von Freunden und Bekannten – erst wenn diese Repressionen auf der Gegenseite genauso stark wären, dann wäre es gerechtfertigt, einen quantitativen Vergleich zu ziehen. Ich wette, wären die Repressionen auf der Gegenseite genauso stark, würden wir quantitativ weitaus besser abschneiden.
Für mich klingt das schon etwas nach Realitätsverleugnung und Selbstbetrug. Gehen die Leute zur Gegenveranstaltung, obwohl sie eigentlich zu euch wollten?
Es gab viele Leute.
Aber war es die Mehrheit?
Ich glaube nicht die Mehrheit, aber wenn Betriebe ihren Arbeitnehmern frei geben, damit sie zu diesen Veranstaltungen kommen können oder wenn vorher durch die OTZ geistert, dass tausende Neonazis anwesend sind und tausende Bürger, die dagegen protestieren, ist man als Jugendlicher natürlich geneigt, dorthin zukommen. Weil was los ist, weil man sehen will, wie die Realität aussieht. Ich denke nicht, dass ein Großteil der Gegenseite davon überzeugt ist, dass wir die falschen Positionen und Ziele haben.
Vielleicht gehen viele Menschen dort hin, weil sie wirklich Angst haben, dass irgendwann wieder Schlägertrupps durch Jena laufen; dass sie sich nicht frei bewegen können, weil sie Angst um ihre ausländischen Freunde haben…
Schauen wir uns doch an, von wem zur Zeit in Jena die Gewalt ausgeht. Welche politische Seite zieht mit Schlägertrupps durch die Stadt? Das ist definitiv nicht die nationale Seite. Aber das wird von den Medien nicht aufgegriffen. Aber dieses Bild wird sich zunehmend wandeln, weil die Menschen merken, dass von uns keine Gewalt und keine Gefahr ausgehen und wir die wahren Ziele verfolgen.
Vor dem Interview hast du uns erzählt, dass du an deiner Schule früher viele Probleme mit Gewalt durch Ausländer hattest. An der Schule, an der ich groß geworden bin, gab es fast keine Ausländer, trotzdem hatten wir jeden Tag Angst vor dem Nachhauseweg, weil uns regelmäßig irgendwelche Faschos auflauerten. Von daher kann ich verstehen, wenn Leute Angst vor euch haben.
Woher weißt du, dass es Nazis waren? Nicht jeder, der mit Bomberjacke, Glatze und Springerstiefeln vor der Schule steht, ist zwangsläufig ein Nazi.
Dann schauen wir uns doch stattdessen die Vorstrafen vieler NPD-Funktionäre an, die anscheinend genauso aus dieser Szene kommen…
Dann schaut euch an, weshalb die Leute verurteilt wurden. Du bist bei einer nationalen Veranstaltung, dann kommt der politische Gegner, wirft mit Steinen und zerstört dein Auto. Dann kommst du raus, wehrst dich und versucht dein Auto zu schützen und letztendlich wirst du dafür belangt. Zum Beispiel soll in der Jenaiischen Str. 25 (Braunes Haus, Anm. d. Red.) an angeblich friedlichen Demonstranten Gewalt ausgeübt worden sein. Das ist genauso eine Lüge: Die Antifa ist vor das Haus gekommen, hat Sachbeschädigung begangen, hat Autos zerstört, hat versucht, das Tor zu demolieren und letztendlich wurde wegen versuchter Körperverletzung Anzeige gegen uns geschaltet.
Da war nichts dran?
Wenn man versucht, sein Eigentum zu beschützen, dann ist das nur gerechtfertigt.
Ich würde meinen Anwalt und die Polizei anrufen…
Dann versuch‘ mal nachts einen Anwalt anzurufen, ob er rechtzeitig kommt und sich vor dein Auto stellt.
Angenommen ihr setzt euch mit euren Positionen durch. Wie sieht das Land aus, in dem du leben möchtest?
Darüber könnte man stundenlang reden. Kurz gesagt würden wir uns dafür stark machen, die Souveränität zurück zu erlangen, die wir zurzeit der EU überschrieben haben. Mittlerweile gehen über 80% der Gesetzesentwürfe, die im Bundestag durchgewunken werden von der EU aus und das größtenteils zu unserem Nachteil. Wir würden Politik fürs eigene Volk machen und nicht für das Wirtschaftskonglomerat EU. Wir würden in wirtschaftlichen Fragen dem Staat weitaus mehr Reglementierungsmöglichkeiten geben als dass jetzt der Fall ist. Das freie Spiel der Kräfte wird niemals zum sozialen Wohl des Volkes führen, sondern immer nur zum Wohl einiger Weniger, die über andere – ihre Arbeitssklaven – herrschen. Das sind die Grundziele, denen wir uns verpflichtet haben.
Klingt ziemlich links.
Wie gesagt, die übliche Einteilung zwischen rechts und links ist mittlerweile vollkommen außer Kraft gesetzt. Wir versuchen auf nationalem Wege soziale Politik zu machen. Wir sind zugleich rechts und links.
In eurem Wunschsystem würdet ihr wahrscheinlich auch Auto fahren wollen. Was ist, wenn andere Länder kein Erdöl mehr liefern, weil diese das plötzlich für ihre Nation brauchen?
Erstens wird Saudi-Arabien wahrscheinlich niemals so viele Autos besitzen, um das Erdöl verfahren zu können, welches es gewinnt. Natürlich werden Staaten immer miteinander handeln. Was wir unter raumorientierter Volkswirtschaft des Öfteren beschrieben haben, wird von der gegnerischen Seite falsch verstanden, falsch ausgelegt und falsch interpretiert. Das bedeutet nicht, dass wir unsere Grenzen dicht machen und keine Waren mehr heraus und hereinlassen. Aber natürlich sollte es Ziel eines Volkes sein, den Grundbedarf auch allein decken zu können. Wir sollten unsere Landwirtschaft nicht kaputt machen, um möglichst günstig Agrarprodukte aus Tschechien zu bekommen.
Welche Rolle spielt für euch die Mobilisierung junger Menschen und direkte Protestformen?
Jede politische Bewegung die zu einer Massenbewegung werden will, muss auf die Jugend setzen. Die Jugend ist die kommende Generation. Die Jugend ist die Generation, die sich ihre Zukunft erkämpfen muss und die Jugend ist bereit, am meisten für ihre Ideale zu opfern. Ein 50-jähriger, der komplett im BRD-System aufgewachsen ist, wird niemals seinen bürgerlichen Status, den er sich erarbeitet hat, infrage stellen. Er wird auch niemals versuchen, so viel für seine Ideale einzusetzen, dass er diesen Status verlieren könnte. Deshalb muss jede Bewegung auf die Jugend setzen, was wir natürlich auch tun. Die Jugend selbst hat immer einen starken Aktionsdrang, ist von Natur aus rebellisch. Sobald es Jugendliche in der Bewegung gibt, kommen diese Aktionsformen von allein. Natürlich setzen wir auch auf Demonstrationen, weil es das Vorrecht der Jugend ist, den Frust heraus zu schreien und auf die Straße zu tragen, anstatt nur politische Pamphlete zu verfassen.
Endet das nicht – wie bei jeder Bewegung – darin, dass man sich anfangs abkämpft, bis man irgendwann genug von dem Affentanz hat und sein Wohl in der bürgerlichen Mitte sucht? Oder einfacher gefragt: sterben euch die Leute, je älter und konservativer sie werden, nicht weg?
Die politischen Richtungen, die für sich die bürgerliche Mitte beanspruchen und die, die Menschen in die Mitte drängen, stagnieren. Sie werden nie eine progressive Kraft werden. Ein Jugendlicher, den du versuchst in die Mitte zu drängen, ihn ruhig zu halten und ihn bürgerlich werden zu lassen, wirst du verlieren. Wenn du ihm aber die Möglichkeit gibst, die Dinge, die er fühlt und denkt auf die Straße zu tragen, hast du seine Zukunft in deiner Hand. Natürlich ist es ein Problem, dass durch die Repressionen sich Menschen ihrer Zukunft beraubt fühlen. Aber die Symptome des Systems werden nicht schwächer und deshalb wird die Jugend immer stärker in die Extreme strömen. Die Zukunftsperspektiven, die der Staat einem bietet, werden abnehmen.
Wie begegnet ihr der Abwanderung ab einem gewissen Alter?
Wer gehen will, kann gehen. Wer nicht mehr mitmachen will, der macht nicht mehr mit. Es werden immer wieder genug nachrücken, die den Kampf fortzuführen. Es werden nicht weniger, sondern mehr.
Wie viele seid ihr in Jena?
Ich schätze mit Umfeld kommen wir auf 300 Leute.
Und der Kern?
Das ist zu intern.
In den letzten Jahren habt ihr durchaus ein paar Erfolge feiern können. Das „Fest der Völker“ ist einigermaßen etabliert, das Braune Haus steht trotz aller Widerstände immer noch. Wie schätzt du die Entwicklung der Szene in den nächsten Jahren ein?
Durch die Repression findet eine Selektion statt, die natürlich auch zu einer Professionalisierung führt. Wir können immer mehr Arbeitskreise etablieren, die immer professioneller werden. Wir haben einen hohen akademischen Zufluss, die sich nicht wie die meisten Studenten als links betrachten, sondern andere Wege suchen. Die Etablierung des „Fest der Völker“ ist natürlich auch etwas vollkommen Positives, weil die Medien in Erklärungsnot kommen. Wie kann ich erzählen, dass Neonazis Skinheads sind, die am liebsten Ausländer verkloppen, dann aber mit ausländischen Kameraden dieses Fest begehen? Das bringt die Leute in Erklärungsnot und der Bürger wird sich zunehmend Gedanken machen, ob das, was die Medien über uns verbreiten, auch der Wahrheit entspricht.
Ist es nur Zufall, dass ihr euch gerade auf Jena als eher linke Studentenstadt konzentriert? Ist Jena für euch auch ein Symbol, was ihr erobern wollt? In Gera hättet ihr es sicherlich einfacher gehabt…
Gera hat natürlich eigene Nationalisten, die selber versuchen, Einiges auf die Beine zu stellen. In Gera finden zum Beispiel die Open-Air-Veranstaltungen statt. Jeder Nationale versucht erst einmal in seiner Region diese Meinung und diesen politischen Weg zu etablieren. Was von Jena ausgeht, wird natürlich auch versucht, hier zu halten.
Dass das „Fest der Völker“ in Jena stattfindet, ist purer Zufall?
Das hängt lediglich davon ab, von welchem Kameraden die Initiative ausgeht. Jeder versucht, möglichst viel in der eigenen Region zu schaffen.
Wir danken für das Interview!
Das Interview führten fabik und Luth
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