Deutsche Übersetzung: Willkommen im Paradies?

Als Ting Qi aus Anshan (China) im März diesen Jahres nach Jena kam freute sie sich auf die Herausforderungen ihres Masterstudiengangs. Dass schon die Wohnsituation ein Abenteuer sein würde hatte sie allerdings nicht erwartet: Ihr wurde ein Platz im Wohnheim in der Naumburger Straße zugeteilt.

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von Ting Qi

Mein Name ist Ting Qi, ich komme aus Nordostchina und bin 24 Jahre alt. Seit März lebe ich in Jena, genauer in der Naumburger Straße. Als ich ankam war ich vor allem eins: müde. 16 Stunden in Flugzeug und Bahn trennten mein altes von meinem neuen Zuhause. Das neue Heim erschien mir aber erst einmal alles andere als wohnlich.

Obwohl ich dieses Land immer noch aus fremden Augen betrachte, haben sich aber einige anfängliche Probleme quasi von selbst gelöst: so wunderte ich mich zunächst über diese seltsamen weißen Aufschwemmungen im Wasser – mittlerweile habe ich Wasserfilter entdeckt. Anderes lässt sich nicht so leicht beheben. Einige Deutsche scheinen ziemlich viel über das Wohnheim in der Naumburger Straße zu wissen, während wir Ausländer, die darin leben, kaum etwas darüber wissen. Außenstehende sind oft neugierig darauf, wie unser Leben im Wohnheim aussieht. Wer sich aber hierhin verirrt, so scheint es mir, ist zunächst einmal schockiert und nimmt einen negativen Eindruck mit.

Klar bin ich unzufrieden mit meinem Zimmer, aber ich empfinde trotzdem keinen Widerwillen, in ihm zu wohnen. Soviel ich weiß, sind Deutsche immer kritisch. Ich finde das gut, es ist ein Impuls für die Entwicklung. Aber momentan fällt es mir doch ein bisschen schwer, ein Wohnheim, in dem ich momentan leben muss, zu kritisieren. Vielleicht geht das nach dem Umzug…

Die Naumburger Straße ist für mich  nicht einfach nur ein Wohnheim, es ist der erste Eindruck, den ich von Jena bekommen habe. Das Zimmer war das, was mich hier erwartete. Aber ich versuche immer, einer Situation etwas Positives abzugewinnen, egal wie die Umstände sind.

Es ist ein kleines Zimmer, aber ich stelle (einfach) die Möbel um, kaufe schöne Blumen und wasche die staubigen Gardinen. Wenn es kalt ist, stelle ich die Heizung an, deren Lack schon abblättert. Möchte ich die Hände waschen, gehe ich zum Waschbecken, das an der bröckelnden Wand hängt. Wenn ich mich umziehen möchte, nehme ich einfach etwas aus meinem automatischen Kleiderschrank. Ich weiß nicht, wie er sich automatisch öffnen kann, entweder die Schranktür ist defekt, oder der Boden in meinem Zimmer schief. Neben solch besonderen Möbeln gibt es weitere Extras: Beispielsweise der Ausblick auf die  herrliche umliegende Landschaft, den man von den öffentlichen Toiletten und der Küche (jeweils einmal pro Etage) aus genießen kann. Auf dem Weg zum Duschraum im Keller, kann ich auch meine Freundin grüßen, die in der ersten Etage wohnt.

Wie Alles hat die Naumburger Straße nicht nur Schatten-, sondern auch Sonnenseiten. Früher, zu Hause, war ich internetsüchtig. Das heilt sich jetzt von ganz allein. Wenn es aber einen Internetanschluss gäbe, hätte ich auch nichts dagegen.  Es würde einiges erleichtern.

Vielleicht wohnen mehr Chinesen in der Naumburger Straße als in anderen Wohnheimen. Vielleicht wird dadurch die internationale Atmosphäre abgeschwächt. Aber gerade solche „uninternationalen“ Leute haben mir am Anfang sehr geholfen, nicht nur beim Kochen.

Schon öfters habe ich gehört, dass es sehr schwer sei, in Jena ein Zimmer zu finden. Wohl, weil es hier so viele Studierende gibt. So gesehen hatte ich wirklich Glück: Zumindest habe ich ein Dach über dem Kopf. Ein chinesisches Sprichwort sagt­­­ „Wer genügsam ist, ist stets frohgestimmt“. Das passt ganz gut zu meiner Zeit. Allerdings hoffe ich immer noch, dass ich irgendwann in eine WG ziehen kann. Letztlich sind es doch die Bewohner, die ein Haus ausmachen. Sollte ich eines Tages das Glück haben, ein WG-Zimmer zu finden, werde ich die Naumburger Straße vermutlich vermissen. Sowieso – es ist mein erstes Zimmer in Jena und somit mein erster Eindruck von Jena. Mag das nun gut oder schlecht sein.


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