von bergi
Also ich persönlich bin froh, dass er endlich vorbei ist, der mal wieder teuerste Wahlkampf aller Zeiten und der historische Tag der Amtseinführung, der dank der Spenden seiner Unterstützer ein „Erfolg“ wurde. Der positive Grundtenor, welcher den Mann der Veränderung scheinbar weltweit begleitete, ist nicht zuletzt die direkte Folge der Widersprüche, die vom ihm ausgehen. Fast jeder kann seine persönlichen Vorstellungen und Wünsche auf Obamas Persönlichkeit projezieren. Freunde wie Kritiker bezeichnen diese Technik als „politischen Rorschachtest“. Nur ist Barack Obama der Erste, der es damit auf den Präsidentenstuhl schaffte – allerdings nicht, ohne gewisse Zugeständnisse zu machen. So steht Obama für „Change“ wie für „Beständigkeit“, für freie Märkte wie für beklagenswerten Protektionismus, für Frieden ebenso wie für mehr Militär. In der lang erwarteten Executive Order vom 22. Januar ordnete er endlich die Schließung aller Langzeit-CIA-Gefängnisse an – zugunsten von Kurzzeit-CIA-Gefängnissen. Er ging arg ins Gericht mit Bushs militärischem Versagen im Irak und setzt gleichzeitig von Amerika aus die fragwürdige Praxis des Terroristenjagens in pakistanischen Wohnsiedlungen durch ferngesteuerte Sprengstoffdrohnen fort – einen Tag nachdem der berüchtigte Richard Holbrooke Sondergesandter für Afghanistan und Pakistan wird, dem erklärten zukünftigen Einsatzgebiet der neu erstarkten Supermacht.
Sollte diese ganze Werbekampagne um das „Change“ etwa auf einem Missverständnis beruhen? Bedeutet „Change“ am Ende nicht das, was ich mir darunter vorgestellt habe? Allerdings verstehe ich auch nicht so viel von den „Bedrohungen des 21. Jahrhunderts“ wie der US-Präsident. Das überlasse ich lieber Obamas außenpolitischem Berater Zbigniew Brzezinski. Unter Ex-Präsident Carter unterstützte er die Mudschaheddin, um der Sowjetunion hegemonielle Ambitionen in Mittelasien zu verleiden. Sein Engagement legte die Grundlagen für die spätere Taliban-Herrschaft in Afghanistan. Mir ist – wenn auch nur unwesentlich – wichtiger, dass Obama für Intelligenz, Gerechtigkeit und Vertrauen steht. Obama und sein Stab sprechen sich endlich klar gegen den Lobbyismus in Washington aus. Eine der ersten Anordnungen war deshalb, Lobbyisten den Zugang zu Regierungsämtern zu verwehren. Aber was, wenn Personen mit Interessenkonflikten doch die geeigneteren Kandidaten sind? Finanzabteilungsleiter jedenfalls wird Mark Patterson, der bis April 2008 noch Lobbyist für Goldman Sachs war. Das ist nicht ungewöhnlich. Der ehemalige Finanzminister Henry Paulson war sogar, noch während Bushs erster Amtsperiode Geschäftsführer dieser Investmentbank.
Die Kontinuität in Obamas Politik zeigt sich auch am Beispiel von Verteidigungsminister Robert Gates, der schon 2006 ins Amt geholt wurde, um Rumsfeld zu ersetzen und unter anderem 1986 als hoher Mitarbeiter des CIA in die Iran-Contra-Affäre verwickelt war. Sein Stellvertreter soll William Lynn III. werden, eben noch Lobbyist für Raytheon, dem fünftgrößten Militärzulieferer weltweit.
Möglich macht dies ein Befreiungserlass durch den Präsidenten, damit diese erfahrenen Leute nicht durch die Anti-Lobby-Regelung behindert werden. Aber Obama zeigt auch Einsicht und bedauert, dass schon drei seiner Minister aufgrund des öffentlichen Drucks wegen Steuerhinterziehung ihre Posten verlassen mussten. Timothy Geithner, ehemaliger Präsident der Federal Reserve Bank von New York und Mitarbeiter im Internationalen Währungsfond, hat da schon weniger Probleme, unterschlagene Steuerzahlungen mit seinem neuen Posten als Finanzminister zu vereinen. Diese und andere Ungereimtheiten brachten dem „New Leader“ Obama, eine Woche nach Amtseinführung schon einen zwanzigprozentigen Verlust bei einer anerkannten Meinungsumfrage. Die Zustimmung liegt jedoch immer noch bei hervorragenden zwei Dritteln aller Befragten. Bush hatte am Ende gerade noch ein Viertel, und ohnehin bekommt die Welt den „Change“ – ob sie jetzt (noch) will oder nicht.
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Link: http://www.washingtontimes.com/news/2009/feb/04/oh-the-ethics-of-it-all
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