Mit Engagement, unkonventionellen Ideen und kreativem Unternehmertum arbeiten Menschen weltweit an Projekten, um Meere zu entschmutzen, saubere Energie zu gewinnen und das Klima zu retten. Wir stellen acht davon vor.
von Lea
Urbane Algenfarm
Die urbane Algenfarm ist ein geschlossenes System transparenter Röhren, die mit Algen gefüllt sind. Wo es an Bäumen mangelt, betreibt sie Photosynthese und befreit so die Stadtluft vom CO2 der Autoabgase. Der Bioreaktor wandelt das CO2 mit Hilfe von Sonneneinstrahlung, der Zugabe von Wasser und Biomasse in Sauerstoff um. Die dabei entstehende Wärme kann genutzt werden, um Wohnungen zu beheizen oder mit Warmwasser zu versorgen. Sind die Ressourcen der Algen ausgeschöpft, werden sie geerntet. Die Algenmasse kann dann beispielsweise in Kosmetika, pharmazeutischen Produkten und Biodiesel weiter verarbeitet werden. In Hamburg existiert bereits ein Wohnhaus mit einer Bioreaktorfassade.
Ozonschicht-Reparatur mit Kalk
Während zur Rettung der Ozonschicht meistens diskutiert wird, diese künstlich mit Schwefelpartikeln anzureichern, verfolgen Forscher der Harvard-Universität einen anderen Ansatz: Statt eine künstliche Ozonschicht zu erzeugen, wollen sie die natürliche Ozonschicht mit Hilfe von Kalkpartikeln reparieren. Ähnlich wie bei der Kalkung übersäuerter Böden können kleinste Kalziumcarbonat-Teilchen jene stickstoffhaltige Säuren neutralisieren, die maßgeblich die Ozonschicht angreifen. Damit könnte sich nach Angaben der Forscher die Ozonschicht jährlich um bis zu 6,4 Prozent regenerieren. Die Folgen solcher Eingriffe sind jedoch unvorhersehbar – entsprechend ist eine Realisierung dieser Idee beim derzeitigen Forschungsstand nicht absehbar.
„The Ocean Cleanup“ & Katamaran „Seekuh“ – die Waschmaschinen der Meere
17 Jahre alt war Boyan Slat, als er die Idee zu „The Ocean Cleanup“ hatte: Eine Konstruktion aus über einen Kilometer langen U-förmigen Fangarmen, die mit der Strömung treibt und Kunststoffabfälle von der Meeresoberfläche filtert. Ihre Planen ragen ca. drei Meter ins Wasser und fangen dort den Plastikmüll ab, der durch die Meeresströmung ins Zentrum der Filter getrieben wird – Fische können darunter durchschwimmen. Mehr als sieben Millionen Tonnen Plastik könnte „The Ocean Cleanup“ so aus dem Wasser holen, was dem jährlichen Verbrauch von knapp 200.000 Deutschen entspricht. Anders fungiert das Konzept der Maritimen Müllabfuhr, getauft als Katamaran „See-kuh“, das im Auftrag der Umweltorganisation „One Earth – One Ocean“ von der Deutschen Werft in Lübeck entwickelt wurde. Das Segelschiff besteht aus zwei Rümpfen und einem gespannten Netz in der Mitte, das von Solarenergie angetrieben über Meere, Flüsse und Seen gleitet. Es fischt fünf Meter unter der Wasseroberfläche zwei Tonnen Plastik pro Fahrt aus dem Meer und untersucht zusätzlich den Plastikgehalt pro Quadratmeter. Der mehrfach zertifizierte Prototyp ist seit 2016 im Einsatz und soll bald – wie auch der Prototyp des „The Ocean Cleanup“ – in den Gewässern Asiens eingesetzt werden.
Unterwasser-Farmen
Der Einfall, eine Unterwasser-Farm zu bauen, kam einem kanadischen Fischer: Bei seiner Farm handelt es sich um ein System, das aus an der Oberfläche schwimmenden Tauen besteht, die mit sturmfesten Bojen und Plattformen verbunden sind. Von dort aus führen die Taue zu Käfigen am Meeresboden, in denen Austern und Venusmuscheln gezüchtet werden. An den vertikalen Tauen wächst Seetang. Zudem hängen an ihnen Netze, in denen Miesmuscheln leben. Das Besondere an diesem „Zero Input Farming“ ist, dass Unterwasser-Farmen keinen Dünger, Antibiotika oder Pestizide benötigen. Der Seetang und die Gräser tragen sogar dazu bei, das maritime Ökosystem zu regenerieren, indem sie CO2 absorbieren und wirken so auch der Übersäuerung des Meeres entgegen. Außerdem bieten die Farmen Lebensraum für bis zu 150 verschiedene Lebewesen. Die Organisation Green Wave bietet zurzeit ein „Farm Start-up Program“ an, damit Kleinbauern ihre eigene „Ocean Farm“ gründen können.
CO2-Filteranlagen
Anfang 2017 eröffnete die Züricher Firma Climeworks in Hinwil die erste CO2-Filteranlage, die Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre zieht. Das Verfahren nennt sich „Carbon Capture and Storage“: Ventilatoren saugen Luft in einen riesigen Kollektor, in dem das CO2 in Form von Salzen gebunden wird. Anschließend wird das gebundene CO2 erhitzt, sodass es wieder gasförmig wird, wonach es zum Beispiel als Dünger wiederverwendet werden kann. Das System soll 900 Tonnen CO2 pro Jahr aus der Luft filtern und eignet sich auch für Wüstengebiete: Es kommt ohne Wasser aus und der benötigte Strom könnte von Solaranlagen erzeugt werden. Bislang ist das Verfahren jedoch nicht nur sehr teuer und energieintensiv, sondern darüber hinaus in Deutschland stark umstritten. Climeworks plant bis 2025 ein Prozent aller CO2-Emissionen aus der Luft zu saugen, wozu allerdings mehr als 250.000 weitere Anlagen nötig wären.
Cloud Engineering
Dass Wolken einen Effekt auf das Klima haben, ist schon lange bekannt: Sie reflektieren Sonnenlicht ins All und werfen die Wärmestrahlung der Erde zurück. Je nachdem, welcher Effekt überwiegt, tragen sie damit zur Abkühlung oder zur Erwärmung unseres Planeten bei. Indem Wolken beeinflusst werden, kann das Klima verändert werden: Schiffe ohne Besatzung treiben über die Ozeane und erzeugen gezielt Wolken mit einer hohen Reflektivität für Sonnenlicht, indem sie das Meerwasser einsaugen und es als feine Tröpfchen in der Luft verteilen. Um diese Tröpfchen herum könnte Wasserdampf kondensieren und neue Wolken mit einer hohen Reflektivität für Sonnenlicht bilden. Gleichzeitig versucht man, kalte Eiswolken in großer Höhe – sogenannte Cirruswolken – zu zerstreuen, indem man sie mit Bismut(III)-iodid-Pulver „impft“: Diese winzigen Staubteilchen verstärken das Wachstum der Eiskristalle. So können größere Kristalle entstehen, die schneller absinken – Resultat sind dünnere Wolkenschichten, die sich theoretisch schneller auflösen. Solche Projekte sind jedoch stark umstritten, da sie unvorhersehbare Auswirkungen auf das Klima haben können. So besteht beispielsweise die Möglichkeit, dass sich die Südhalbkugel zwar abkühlt, die Nordhalbkugel jedoch zeitgleich aufwärmt und dies stärkere Niederschläge nach sich zieht.
Bioremediation: pflanzliche Bodenreinigung
Schwermetalle wie Blei oder Eisen machen mehrere Prozent unserer Erdkruste aus. Gelangen diese in unsere Nahrungskette , sind sie für die meisten Lebewesen giftig. Bestimmte Bakterien, Pilze und Pflanzen besitzen jedoch die Fähigkeit, toxische Metalle in hoher Konzentration in ihrem Gewebe einzulagern oder giftige Stoffe in weniger schädliche Substanzen aufzuspalten. Ziel von Bioremediationsprojekten ist es, solche Organismen bewusst in Gebieten mit stark belasteten Böden einzusetzen. Mit der Ernte der Pflanzen werden die Schadstoffe, die von ihnen gespeichert wurden, aus dem Boden entfernt. Ein Beispiel ist das Schwimmfarngewächs „Azolla“, das Schwermetalle wie Nickel, Cadmium und Quecksilber anreichern kann. Besonders in Braunkohlegebieten werden aber auch Symbiosen zwischen Pilzarten und Baumwurzeln getestet, um eine gesunde Bodenqualität zu schaffen.
Ideonella sakaiensis: ein plastikzersetzendes Bakterium
Japanische Forscher entdeckten 2016 Ideonella sakaiensis, eine neue Bakterienart, die am liebsten den Kunststoff PET frisst. Diese Bakterien zersetzen das Plastik, indem sie es in Glykol sowie Terephthalsäure aufspalten – beides für die Umwelt ungiftige Substanzen, die später weiterverarbeitet werden können, bis schließlich nur Kohlenstoff und Wasser übrig bleiben. Momentan wird daran geforscht, wie die Bakterien zukünftig eingesetzt werden könnten. Interessant wäre ihr Einsatz vor allem für das Recycling von PET-Flaschen. Dass das Bakterium hingegen unser Müllproblem lösen könnte, ist unwahrscheinlich – dafür ist der Zersetzungsprozess mit sechs Wochen für einen dünnen Plastikstreifen deutlich zu langsam. Nun wird bereits daran geforscht, andere Organismen gentechnisch mit den Verdauungsenzymen des Bakteriums auszustatten, um PET effektiver zu zersetzen.
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