Der Film „Sushi in Suhl“ erzählt ein wahres Märchen aus DDR-Zeiten: Interkulturelles aus dem Thüringer Wald. Doch eine gute Story macht noch kein filmisches Meisterwerk, wie der Streifen verdeutlicht.
von Frank
Das Leben schreibt die besten Geschichten. So oder so ähnlich könnte man einen Text über Sushi in Suhl beginnen – zu recht, denn die Geschehnisse rund um Rolf Anschütz und sein Restaurant „Waffenschmied“ könnte sich kein Drehbuch-Schreiber besser ausdenken. Da ist es nur folgerichtig, diesen fast schon märchenhaften Stoff endlich zu verfilmen, was Carsten Fiebeler nun übernommen hat. Und so erlebte kürzlich das Cineplex-Kino im beschaulichen südthüringischen Suhl tatsächlich die Deutschland-Premiere eines Kinofilms in seinen Hallen! Ein ungeahntes Highlight für die ehemalige DDR-Bezirkshauptstadt, die Medien-Besuch sonst höchstens von den Gastspielen der Volksmusik-Familie um Florian Silbereisen in der Stadthalle gewöhnt ist.
Der Japaner aus Jena
Erzählt wird die Geschichte aus Sicht von Anschütz’ Sohn Robert, wobei sich der Film – das sei gleich zu Beginn betont – frei an den wahren Begebenheiten orientiert: Vater Anschütz betreibt in erwähnter Bezirkshauptstadt Suhl die Gaststätte „Waffenschmied“, sehnt sich aber nach höheren kulinarischen Aufgaben abseits des Kloß- und Würzfleisch-Alltags. Als er für eine kleine Runde von Freunden japanisches Essen improvisiert, ahnt er noch nicht, dass sein „Waffenschmied“ bald weit über die Grenzen der thüringischen Provinz hinaus bekannt sein wird. Und aus den fernöstlichen Küchen-Experimenten, von Anfang an kritisch beäugt durch die Partei-Kader, wird Ernst, als nicht nur die Wartelisten für Anschütz’ Restaurant aus allen Nähten platzen, sondern sogar ein waschechter Japaner vor ihm steht. Dieser, Gastdozent im nicht ganz so fernen Jena, zeigt sich begeistert vom japanischen Essen des Suhler Gastronoms – und steht wenig später mit einer Delegation seines Landes auf der Matte. Längst ist der „Waffenschmied“ zu internationalem Ruhm gelangt, und gilt als das beste Japan-Restaurant Europas. Doch damit nicht genug: Anschütz wird in das fernöstliche Land eingeladen, um dort eine Auszeichnung für seine Bemühungen zur Völkerverständigung entgegenzunehmen. Kochen für den Weltfrieden, so sieht es der Gastwirt (zumindest im Film) gern, und vergisst vor lauter Sushi die Menschen um ihn herum. Sein Traum macht einen einsamen Mann aus ihm.
Der Ossi an sich
Welch großartiger Filmstoff – was kann da schon schief gehen? So manches, leider. Denn Sushi in Suhl wirkt an einigen Stellen überaus kitschig; teils dramaturgisch so bemüht, dass man es schnaufen hört. Die Charaktere bleiben fast alle holzschnittartig, stereotypisch und in ihren Emotionen vorhersehbar. Am deutlichsten zeigt sich das bei den Figuren, die das Personal des DDR-Systems verkörpern und dabei irgendwo zwischen „spießig-böser Opportunist“ und „dümmlicher Ja-Sager“ herumpoltern. Das kennt man so aus vielen Filmen, die sich mit der DDR befassen – das langweilt (und verharmlost) mehr, als dass es erheitert. Überhaupt werden viele DDR- bzw. Ossi-Klischees aufgewärmt, sei es das Ungeschickte oder das Provisorisch-Provinzielle.
Auch Hauptdarsteller Uwe Steimle, bekannt aus der Polizeiruf-Reihe, mimt den visionären Gastronom Anschütz nur sehr mühsam – seine Darstellung sieht nach schwerer Arbeit aus. Ein größeres Ärgernis allerdings ist die Mini-Rolle von Christian Tramitz, der als bayrischer Handelsreisender den vorhersehbaren Kulturschock erlebt und dabei für den Film so überflüssig ist wie ein Korkenzieher beim Kloß-Essen.
Auch mit den gängigen Klischees über Japan wird natürlich gespielt, wenn auch nicht so übertrieben wie in anderen Filmen. Filmaufnahmen vor Ort in Japan waren im Produktionszeitraum wegen eines gewissen GAUs nicht möglich. Stattdessen wurde der Fernost-Reisende Anschütz in computeranimierte japanische CGI-Umgebungen verfrachtet, was als Ausweichvariante interessant ist, jedoch nicht sonderlich gelungen wirkt.
Bei den „Heimat-Aufnahmen“ hingegen wurde enorm viel Wert auf authentische Kulissen und Requisiten gelegt. Hier beweisen die Macher von Sushi in Suhl viel Liebe zum Detail und fangen so die materielle DDR-Lebenswirklichkeit sehr gekonnt ein.
Mal ehrlich: Dresden ist nicht Suhl!
Allerdings waren sie nicht in jeder Hinsicht so sorgfältig: Wer die Vielfalt der ostdeutschen Dialekte im Allgemeinen und der thüringischen im Besonderen kennt, wird die Sprachfärbung der Protagonisten als – gelinde gesagt – unpassend empfinden. Der (hörbar!) aus Dresden stammende Steimle in der Rolle des gebürtigen Suhlers Rolf Anschütz ist da nur das krasseste Beispiel einer auditiven Fehlbesetzung. Als Ortskundiger kann man sich da das Kopfschütteln nicht verkneifen. Es mag für manche kleinlich wirken, aber gerade bei einem Film, der den Anspruch hat (so die Aussage des Produzenten), eben kein Ossi-Film, keine übliche DDR-Komödie zu sein, und der noch dazu vom MDR mitproduziert wurde, hätte man bei der Besetzung etwas mehr Sorgfalt erwarten können.
(Szenenfotos: movienet)
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