Rezension: Klimawende in Paris?

(Foto: flickr / Twm)

In seinem neuem Buch Schlusskonferenz: Geschichte und Zukunft der Klimadiplomatie beschreibt Nick Reimer anschaulich und verständlich Vergangenes und Kommendes zur größten diplomatischen Anstrengung des Menschheit: der Rettung des Klimas.

von Martin

Der globale menschengemachte Klimawandel ist seit den späten 1970er Jahren eine wissenschaftlich belegte Tatsache – und fast ebenso lang auch eine politische. Seit 1979 zum ersten Mal internationale Experten im Auftrag der Vereinten Nationen tagten, um einen Austausch über Ursachen, Folgen und Anpassungsmaßnahmen zu initiieren, ist der Klimawandel zentraler Bestandteil der internationalen politischen Agenda. Unzählige Konferenzen, Verträge und politische Regelwerke – allen voran das Kyoto-Protokoll von 1997 – folgten seitdem, um den Klimawandel zu begrenzen und seine Auswirkungen auf das Leben des Menschen zu minimieren. Allerdings: Nach über dreißig Jahren ist der Klimawandel noch immer ein drängendes politisches Problem und seine Bedrohlichkeit nimmt stetig zu. Das postulierte Zwei-Grad-Ziel zur Begrenzung der globalen Erwärmung steht im Angesicht des forcierten Ausbaus neuer Kohlekraftwerke und der sich immer weiter verbreitenden Anwendung der umweltschädlichen Fracking-Technologie vor dem Scheitern. Fällt dieses Ziel, sind unvorhersehbare und massive Folgen für das Leben auf unserem Planeten unvermeidlich.
Wie also konnte es soweit kommen? Mit dieser Frage eröffnet der renommierte Umweltjournalist und Chefredakteur des äußerst lesenswerten Online-Magazins klimaretter.info, Nick Reimer, sein neues Buch Schlusskonferenz: Geschichte und Zukunft der Klimadiplomatie. Reimer gibt hier kenntnisreich und anschaulich eine Übersicht über die Geschichte der seit 25 Jahren jährlich tagenden „Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen“ (kurz COP). Anekdotenreich berichtet der Autor über die Entwicklung des globalen politischen Regelwerks zur Bewältigung dieser Herausforderung und zeigt, dass die diplomatischen Anstrengungen nicht ohne Erfolg blieben – aber dass eben auch noch viele Aufgaben warten. Weiterhin verdeutlicht der Autor, dass es längst nicht mehr nur um den Klimawandel geht, sondern auch um die Gestaltung der globalen wirtschaftlichen Entwicklung, die Kompensation von bereits eintretenden Klimaschäden und auch um die Bekämpfung der globalen Armut und den Übergang zu einer nachhaltigen Modernisierung insgesamt. Der Umweltjournalist verdeutlicht dabei auch die politische Dynamik dieses „Meilensteins der globalen Völkerverständigung“, und führt leicht verständlich in das komplexe und kaum mehr zu überblickende Geflecht von politischen Maßnahmen ein. Ob REDD, CDM, Green Climate Fund oder Emissionshandel: der Leser erhält hier eine übersichtliche Darstellung der wichtigsten politischen Anpassungs- und Ausgleichmechanismen und wird dadurch in die Lage versetzt, die Ergebnisse der bisherigen und kommenden Verhandlungen selbstständig zu beurteilen. Eine historische Übersicht und ein umfangreiches Glossar ergänzen die spannende und kurzweilige Darstellung der Klimadiplomatie optimal und machen das Buch so besonders lesenswert.
Wenn ab Anfang Dezember 2015 die globale Staatengemeinschaft in Paris tagt, um eine neue internationale Klimaschutz-Vereinbarung zu verabschieden, steht mehr auf dem Spiel als nur der Erfolg einer politischen Konferenz. Soll das Weltklima gerettet werden, geht es nicht nur um die Zukunft des Lebens auf diesem Planeten, sondern auch um die Zukunft der Demokratie. Wie Reimer verdeutlicht, ist der Weltklimagipfel COP 21 in Paris die vielleicht letzte Chance, um eine wirkliche Lösung für das Klimaproblem rechtzeitig zu verabschieden. Sollte dies nicht gelingen, wäre die Wirksamkeit späterer Maßnahmen möglicherweise durch den bereits fortschreitenden Klimawandel fraglich. Auch würde die Vertragsstaatenkonferenz einen erheblichen Teil ihrer Legitimität einbüßen und wäre mit der Frage konfrontiert, ob dieses Gremium überhaupt je in der Lage war, dieses drängende Menschheitsproblem zu lösen. Der Autor verdeutlicht so die Bedeutung der kommenden Konferenz und eröffnet gleichzeitig den Blick auf die Zeit nach Paris.
Schlusskonferenz: Geschichte und Zukunft der Klimadiplomatie ist ein wichtiges und lesenswertes Buch, das rechtzeitig zur Paris-Konferenz einen spannenden und lehreichen Überblick über die Geschichte der Klimadiplomatie gibt. Eine unverzichtbare Lektüre, da der Klimawandel bereits heute das Leben beeinflusst – die Zukunft des Planeten aber noch nicht entschieden ist.

Nick Reimer:
Schlusskonferenz. Geschichte und Zukunft der Klimadiplomatie
Oekom-Verlag 2015
208 Seiten
14,95 €

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert