Kritiker bewerten sein neues Album ambivalent – die Bewertung für sein gestriges Konzert fällt dagegen klarer aus: ein gelungenes Gesamtwerk aus humorvollen Geschichten, lebensfrohen Liedern und guten Texten.
von Lea Deubner
Ollis neue Platte „Scheiß Leben gut erzählt“ erschien im März, seit Ende Mai ist er nun auf Konzerttour – und endlich auch wieder einmal in Jena. Bereits 2003, erzählt uns Olli, war er schon einmal in der Rose und auch vor zwei Jahren hatte er einen tollen Auftritt in Jena. Deswegen habe er heute extra sein schönstes rotes Hemd angezogen – doch dann zieht er sein Sacko aus: Selten habe ich jemanden gesehen, der an den Schultern mehr schwitzt als unter den Armen, doch es handele sich um „Champagner Schweiß“. Die Lacher des Publikums hat er an diesem Abend stets auf seiner Seite, doch was ihn besonders sympathisch macht, ist, dass er auch über sich selbst lachen kann.
„Und wir fangen mit dem Intro an, passt auf…“
Diese Art der spitzbübischen Interaktion mit dem Publikum zieht sich durch den ganzen Abend und erheitert schließlich jedes Gemüt. Durch seine offene und humorvolle Art ist er insgesamt sehr nah am Publikum. Als zwischendurch „Olli ich liebe dich!“ ertönt, ist seine Antwort sehr originell: „Ich dich auch und deinen Freund mit dem du seit 4 Jahren zusammen bist, den liebe ich auch… und den nehm‘ ich heute Nacht auch mit nach Hause“. Wie er es in seinem Podcast „Fest und Flauschig“ ausdrücken würde: er holt das Publikum ab. Nicht zuletzt da er viele persönliche Anekdoten mit uns teilt, wie z.B. „Die wilden Rock’n’Roll Zeiten habe ich damals alleine verbracht“.
Das Schöne: Olli nimmt uns mit auf seine ganz eigene Reise, denn zu fast jedem Lied kann er uns eine private Geschichte erzählen. Er singt für sich selbst, für eine verflossene Liebe, seine Tochter oder für Leute, die den Glauben an die Liebe verloren haben. Es sind Lieder aus dem Leben, in denen Gedanken und Gefühle zum Ausdruck kommen, mit denen sich bestimmt fast jeder identifizieren kann. Seiner 8-jährigen Tochter hat er diesen Abend gleich zwei Lieder gewidmet – „Sie hört zwar nicht auf mich, doch meine Rolle als Bösewicht bei Bibi und Tina fand sie cool“, so will er sie auch über seine Musik erreichen.
In dem Zusammenhang erzählt er uns die Hintergrundgeschichte zu dem Hummer auf seiner Platte: „Ich interessiere mich sehr für Meeresbiologie, das wusste vorher niemand“. Und er beschreibt den Wachstumsprozess eines Hummers, der beim Wachsen fürchterliche Schmerzen habe, weil er aus seinem kleinen Schutzpanzer herauswächst. Der kleine Hummer stößt ihn also ab und versteckt sich so lange, bis ihm ein neuer Panzer gewachsen ist. Die Pointe ist „ohne Schmerzen kannst du auch nicht wachsen“.
Man merkt einfach, dass er die Musik für sich macht, weil sein Herz dafür brennt. Dieses Gefühl bringt er auch mit dem Lied „als Musik noch richtig groß war“ zum Ausdruck – seine ganz eigene Liebeserklärung an die Musik. An dieser Stelle möchte ich mal ein Kompliment an den Künstler machen: Dein Auftritt, deine Musik und deine Texte gestern Abend waren richtig groß! Sie haben uns berührt und zum Lachen gebracht.
Dieser Abend macht mir wieder bewusst, dass Musik ganz individuell ist und uns einfach nur glücklich machen soll. Und was macht Olli noch glücklich, auch wenn es nicht zu seinen sonstigen Liedern passt? Hip Hop! Der Hip Hop-Background seiner Jugend kam auch gestern wieder zum Vorschein: er stellte jedes Bandmitglied in einem kleinen Freestyle-Rap vor. Eine komödiantische Einlage voller Charme und Finesse – das Publikum jubelte begeistert.
Prägend für das Konzert war auch ein ganz eigener Cabaret-Charakter:
Zu Beginn hantiert er etwas ungelenk mit einer riesigen Kamera herum und macht Fotos vom Publikum, immer wieder erfreut er uns mit akrobatischen Einlagen mit dem Mikrofon. Es folgt ein Spaziergang durchs Publikum, wobei das Kabel solidarisch über alle Köpfe hinweg weiter gereicht wird. Und auch seine Assistentin schickt er durchs Publikum – sie schwebt auf einem aufgeblasenen Einhorn auf den Händen des Publikums hinweg:
Olli ist jedoch nicht immer nur der Spaßvogel, er gewährt uns auch kurze ernste Einblicke in sein Leben. Sein eigener Lebensweg verlief wenig konventionell und so möchte er auch andere Menschen darin bestärken, ihren eigenen Weg zu gehen, auch wenn dieser fernab bürgerlicher Kategorien verläuft. Doch auf die Frage, wer denn alles nur Realschulabschluss habe, melden sich nur ein paar wenige – trocken nennt er uns alle „Streber“. Das Publikum ist erheitert, was hatte er auch erwartet in einer Studentenstadt wie Jena mit der Uni im Rücken? Spaß verstehen wir trotzdem und ordentlich feiern können wir auch!
Nach anderthalb Stunden endete das Konzert dann ohne Vorwarnung ziemlich abrupt. Lautstark verlangte das Publikum nach Zugabe – und die kam dann auch! Olli kam zurück, solo mit seiner Akustikgitarre. Über eine halbe Stunde sang er Lieder aus vergangenen Tagen und redete mit uns ganz privat. Hier gab er noch einmal Lieder zum Besten, die schon lange niemand mehr gehört hatte. Bevor er mit dem Song „Backstage Baby“ begann, fragte er uns „Leute sind die Kinder noch da?“ und offenbarte, dass er diesen Song in seiner Jugend für Marius Müller-Westernhagen geschrieben und auf einen großen Hit gehofft hatte.
Seine Worte „Ich singe diese Lieder, um mich selber zu begeistern“ – kann ich nur bestätigen, seine Freude an der Musik ist deutlich zu spüren. Mit dem Abschlusssong „So muss es beginn‘“ und den tragenden Worten „Mögen die Höhepunkte der Vergangenheit die Tiefpunkte der Zukunft sein“ verabschiedet Olli sich von uns – und so endet ein wunderbarer Abend voll positiver Energie.
P.S. Als ich zwischendurch auf der Damentoilette war, hörte ich zwei Mädels sagen „ich würde auch zu ihm gehen, wenn er nur labert“.
Schreibe einen Kommentar