… Brüder und Schwestern, braucht ihr jemanden zum Reden? Was unterscheidet das Muslimische SeelsorgeTelefon von herkömmlichen Angeboten?
von Makito
Seit dem 1. Mai 2009 existiert die Hotline zum muslimischen SeelsorgeTelefon. Angeregt wurde die Idee fremdsprachiger Hotlines vor etwa 15 Jahren von der Kirchlichen TelefonSeelsorge Berlin (KTS). Im Gegensatz zu einer Russisch- und Englischsprachigen wurde eine Türkischsprachige vorerst nicht realisiert. 2006 traf sich die humanitäre Organisation Islamic Relief e.V. mit der KTS und die Idee einer türkischsprachigen Hotline wurde wieder aufgegriffen. Die Parteien kamen zum Konsens, dass es nicht ausreiche, sich nur an türkische und türkischstämmige Menschen zu richten, sondern die gesamte muslimische Gemeinde erreicht werden müsse.
Mittlerweile sind 73 ehrenamtliche Mitarbeiter aus unterschiedlichen ethnischen und kulturellen Kreisen in der Einrichtung tätig. Es wird neben Türkisch und Arabisch auch Urdu oder Englisch gesprochen. Doch etwa 95 Prozent der Anrufer sprechen über ihre Probleme lieber auf Deutsch. „Sprachen spielen während eines Gespräches keine allzu große Rolle. Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass Leute bei mir anrufen, fragen, ob ich Türkisch spreche. Wenn ich verneine, sagen die: Ach, dann sprechen wir ruhig auf Deutsch…“, erzählt der gebürtige Berliner Mohammed Imran Sagir, der indische Wurzeln hat und Geschäftsführer der Telefonseelsorge ist. Viele Anrufer begrüßen die Ansprechpartner am Telefon mit „A salam u-aleikum“, und erhalten auch eine arabische Antwort.
Während ihrer Ausbildung hospitieren die ehrenamtlichen Mitarbeiter bei der MuTeS und der KTS, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Aus seiner Zeit bei der KTS, in der er auch Ausbildungen durchführt, weiß Sagir, dass sich Menschen aus unterschiedlichen Gründen an die muslimische und die kirchliche Telefonseelsorge wenden: Während die kirchlichen Telefonnotdienste eher von älteren Menschen in Anspruch genommen werden, denen ein entsprechender sozialer Kontakt fehlt, suchen die oft bedeutend jüngeren Anrufer der muslimischen Telefonseelsorge häufig Rat in Angelegenheiten, die sie thematisch überfordern – zum Beispiel bei familiären Sorgen.
Das Angebot der Telefonhilfe wird dankbar angenommen, wovon anfangs niemand ausging. Denn die MuTeS wusste zuerst nicht, wie sie die muslimische Gemeinde Berlins auf diese Gesprächsmöglichkeit aufmerksam machen sollte. Auch die Finanzierung ist nicht gewährleistet: Da es keine öffentliche oder staatliche Förderung gibt, finanziert sich die Einrichtung lediglich durch die Spenden der Islamic Relief. Die MuTeS kontaktierte aus der muslimischen Gemeinde in Berlin drei Imame, um ihnen ihre Arbeit vorzustellen, in der Hoffnung, diese könnten der Seelsorge zu Bekanntheit verhelfen. Eben diese Imame zeigten sich begeistert von der Tätigkeit und arbeiten jetzt selbst anonym und helfen den Anrufern bei den Gesprächen.
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter bekommen bei ihrer Ausbildung Grundlagen zur Gesprächsführung bei Anrufen in einer seelsorgerischen Einrichtung vermittelt. Ihr Wissen über den islamischen Glauben bringen alle schon mit, sodass der Anrufer mit seinen religiös bedingten Anliegen auf Kompetenz hoffen kann. Sagir stellt aber ebenfalls fest: „Manchmal gibt es auch Nichtmuslime, die gezielt hier anrufen – weil sie mit jemandem über ihre Probleme reden möchten, der nicht aus ihrem Kontext stammt. Vielleicht versuchen sie, von anderen Perspektiven einen anderen Zugang zu ihren Problemen zu sehen.“ Besonders junge Frauen nutzen häufig die muslimische Seelsorge. Gerade wenn es Eheprobleme gibt und der Mann die Trennung möchte: Wie sollen sie etwa in der muslimischen Gemeinde mit einer Scheidung umgehen? Für Sagir ist es daher eine wichtige Funktion der Seelsorge, den Menschen jemanden zum Zuhören zu bieten und auch dahingehend zu unterstützen, dass sie die richtigen Entscheidungen in ihrem Sinne treffen können: „Die Ehrenamtlichen ziehen ihre Hauptmotivation für ihre Tätigkeit aus dem Bewusstsein für das göttliche Gebot, sich um leidende Mitmenschen zu kümmern und ihnen Beistand zu leisten. Ihre Tätigkeit als Seelsorger gibt ihnen die Möglichkeit, dieses Gebot zu erfüllen.“
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