Auch in diesem Jahr nimmt eine 22-köpfige Gruppe aus Erfurt als Delegation mit zwei Betreuern aus Deutschland an den internationalen MUN-Konferenzen teil.
Die MUN-Konferenz, kurz für Model-United-Konferenz, ist ein Planspiel, bei dem die Teilnehmer jeweils ein Land als Delegation während einer simulierten Sitzung des UN-Sicherheitsrats oder der Generalsversammlung vertreten. Dabei diskutieren sie über weltpolitisches Handeln und entwerfen gemeinsame Resolutionen. In New York City werden in diesem Jahr 23 Komitees simuliert (darunter neben Sicherheitsrat und Generalversammlung auch der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen, kurz ECOSOC), wobei die Gruppe aus Erfurt sich mit dem Land Venezuela auseinander setzen muss. Die Vorbereitungen erforderten einiges an Zeit- und Kraftaufwand. Genaueres hat uns MUN-Teilnehmerin Priska, eine Studentin aus Erfurt, vor der Abreise erklärt:
Welche Kriterien müssen erfüllt sein, um an der Simulation teilzunehmen? Gibt es ein Auswahlverfahren?
Wir haben ein Auswahl-Interview durchgeführt, gemeinsam mit Seminarleitern und einigen Studenten, die die World-MUN vor einigen Jahren schon erleben durften. Diese Gespräche fanden dann jeweils auf Englisch statt, wobei man sich und seine Beweggründe für die Teilnahme an der Simulation vorstellen sollte. Daraufhin bekam man eine kleine Übungsaufgabe, in der man ein Land zu einem bestimmten Themengebiet während einer Diskussion relativ diplomatisch vertreten musste. Dabei hatte man auch keine große Zeit sich vorzubereiten, es sollte spontan aus dem Impuls kommen. In der zweiten Übung sollte man eine kurze Rede halten mit zweiminütiger Vorbereitungszeit zu einem bestimmten Thema, das man zugewiesen bekommen hatte. Und dann gab es jeweils noch einen Aufnahmetest mit Fragen über die UNO, Aufgaben, Ziele und weitere generelle Fragen.Wie finanziert sich die Konferenz für all die Teilnehmer? Gibt es Spenden, oder wird das Geld per Eigenanteil der Teilnehmer aufgebracht?
Wir müssen insgesamt für die Studienreise, die uns nach Washington DC führt, 800 Euro zahlen, damit inbegriffen ist das Hotel in New York, aber auch die Konferenz in Weimar, die GER-MUN: Dort wurde jedem Teilnehmer ein unterschiedliches Land zugeteilt, das er versuchte während der realitätsnahen Simulation zu vertreten. Auch hier gab es wiederum die Wahl zwischen der Generalversammlung und erstmalig dem Sicherheitsrat, wobei ich zum Beispiel Palästina in der Generalversammlung vertreten hatte. Wir erhalten bei unserem Aufenthalt in den USA außerdem die Möglichkeit, das amerikanische State Departement, die deutsche Botschaft sowie die Weltbank, und das Gebäude des IMF zu besichtigen. Speziell in New York City besuchen wir dann die Mission to the UN of Venezuela und unterhalten uns mit den Menschen, die tagtäglich in der UN arbeiten. Die Abschlusszeremonie wird in der Generalversammlung stattfinden und ist der krönende Abschluss der Konferenz. Es kommen noch zusätzlich die privaten Ausgaben für den Flug und die Verpflegung hinzu, was noch nicht im Preis enthalten ist. Unser Organisationsteam versucht mit den Sponsoren jedoch zu einer Einigung zu kommen, sodass wir wenigstens einen Teil unserer Ausgaben wieder erstattet bekommen. Das wäre natürlich klasse! Sponsoren wären hierbei das Internationale Büro und der StuRa der Uni Erfurt.Wann fangt ihr mit den Vorbereitungen für solch eine Simulation an? Inwieweit unterstützen euch die Universitäten mit entsprechenden Kursen und Seminaren?
Das ist von Universität zu Universität unterschiedlich, aber die Uni Erfurt hatte seit Beginn des Wintersemesters wöchentliche Seminare veranstaltet. Wir haben unter anderem an der Erfurter MUN-Konferenz im Rathaus teilgenommen, kurz Ef-MUN: ebenfalls eine Simulation der UN, aber lediglich von Generalversammlung und Sicherheitsrat. Es ist ein relativ großer Zeitaufwand, aber wir wurden schon ziemlich gut darauf vorbereitet, da beispielsweise Vertreter aus Venezuela da waren, um mit uns über die Position und Interessen des Landes zu reden. Wir waren auch in der venezuelaschen Botschaft in Berlin und haben Gespräche mit Diplomaten geführt. Außerdem hat ein Ökonom aus Venezuela, der in Deutschland lebt, uns an der Uni besucht, der uns hilfreiches Hintergrundwissen geben konnte für die Simulation.In diesem Jahr vertretet ihr Venezuela, mit einer sehr andersartigen Kultur und Mentalität im Vergleich zu Deutschland. Wie schafft ihr es, euch in deren Situation hineinzuversetzen und die Interessen glaubwürdig zu vertreten?
Tja, das ist die große Frage. Aber einmal haben die Gespräche mit den Vertretern aus Venezuela selbst geholfen. Sie haben uns einen unterschiedlichen Einblick in die Kultur und Politik gegeben – unter anderem die weltweit höchste Inflationsrate und die wirtschaftlichen Missstände des Landes. Aber ansonsten: sehr viel lesen! Sehr nützlich ist da natürlich das Internet, für Informationen zu unseren Themengebieten, wie beispielsweise die Resolution, Standpunkte und Statements von Landesvertretern und Diplomaten. Damit gewinnt man einen direkten Einblick in den Kurs, den die Regierung einschlagen will. Aber wie gesagt, viel viel lesen und recherchieren!Welche Schwierigkeiten können sich während einer solchen Konferenz ergeben?
Mal abgesehen davon, dass man ein anderes Land vertritt, sind da auch die kulturellen Unterschiede zwischen den Delegationen. Ich glaube, es kann zu Missverständnis kommen. Vielleicht muss man sich manchmal zurückhalten in jeweiligen Situationen, wo andere im Temperament aufbrausen. Aber das ist verständlich, da die Teilnehmer aus aller Welt kommen und in unterschiedlichen Kulturen aufgewachsen sind. Aber mit der Organisation und Umsetzung der Konferenz habe ich keine Bedenken.Mit welchen neuen Eindrücken verlässt man diese Veranstaltung? Inwieweit beeinflusst es das zukünftige Handeln der Teilnehmer?
Wer vielleicht jetzt noch nicht oft im Ausland war, wird diese Simulation und Reise eine Bereicherung sein. Die Teilnehmer kommen ja wirklich aus der ganzen Welt. Man lernt mehr also nicht nur etwas über die diplomatischen sondern auch über die zwischenmenschlichen Beziehungen. Eine weitere Erfahrung könnte auch das gewisse Gefühl für Professionalität sein, von Visitenkarten bis hin zu anderen Verhaltensweisen und der formellen Kleidung. Man erhält ein erstes Gefühl, wie man diplomatische Kontakte herstellt und pflegt.Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg bei der Konferenz!
Das Interview führte Adriana.
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