Mit Liebe gestaltet

Kino cellu l'art

Das 12. Jenaer Kurzfilmfestival cellu l’art bewegt sich auf den Höhepunkt zu. Eine Rezension


von Philipp Ebert

Seit Mittwoch, dem 13.4. 2011, betreten immer wieder große Gruppen junger Leute das Foyer des Intershop Tower – des hohen Symbols von Großstadtglaube und Geldverdienen. Diese jungen Leute (und wenige ältere) sind indes nicht zum Geldverdienen hier; nein, sie sind Anhänger des kurzen Films.

Noch bis morgen, 17.4. findet im Intershop Tower das 12. Jenaer Kurzfilmfestival cellu l‘art statt. Neben sechs Wettbewerbsblöcken, einigen thüringischen Filmen und Kindervorstellungen gab am Donnerstag und Freitag je einen Block mit Filmen aus Schweden, die außerhalb des Wettbewerbs laufen. Kurzfilmfreunde können bis morgen noch einen Wettbewerbsblock sowie die Preisverleihung, die Wiederholung der Siegerfilme und einen Spezialblock mit thüringischen Filmen erleben.

Um zum Festival zu gelangen, braucht es aber eine gewisse Entschlossenheit. Niemand geht einfach so in das Foyer des Turms und fährt in die 27. Etage. In den letzten beiden Jahren war das Festival in den ehemaligen Kinos Astoria (2009) und Capitol (2010) veranstaltet worden. Die Vorteile liegen auf der Hand: echte Kinoatmosphäre, ausreichende Größe und entsprechende Infrastruktur. Und außerdem reichte das Festival mit diesen Veranstaltungsräumen in die Stadt hinein, und das städtische Leben brandete auf die Treppen vor bzw. in den Kinos. So wurden auch Zufallsgäste aufmerksam und durch die Trauben von Menschen, die rauchend und trinkend zwischen den Blöcken vor den Kinos standen, bemerkte die Stadt: es ist Kurzfilmzeit. Doch während das Astoria mittlerweile ein charakterloser Hörsaal der Uni mit schlechter Akustik ist, ist das Capitol, ein Baudenkmal, entkernt worden und wird vom Privatinhaber neugestaltet – teure  Wohnungen sollen entstehen.

Das ist schade, denn so kommen nur die Eingeweihten zum Festival. Die Exklusivität des Turms wirkt sich also ungewollt auch auf das cellu l‘art aus, und das Publikum ist dementsprechend fast nur studentisch oder jungakademisch geprägt. Trotzdem: Eine liebevoll gestaltete Bar mit tollem Ausblick, eine hochgelegene Frischluftterrasse und ein professionell gestalteter Kinsosaal empfangen den Besucher, wenn er sich durch zwei vom Architekten verschuldete Nadelöhre am Eingang gezwängt hat.

Der Besucher bekommt sorgfältig ausgewählte Filmblöcke zu sehen, in denen sich lustige mit ernsten, lange mit kurzen und gezeichnete mit gefilmten Streifen in einer klugen Komposition abwechseln. Zwar ist es keinesfalls so, dass jeder Film den vorhergegangenen übertrifft, aber in der Summe sind so viele gute Filme dabei, so dass es sich lohnt, ein Wochenende mal das Buch oder die Zeitung zur Seite zu legen und hierher zu kommen. Für das Fernsehen gilt das natürlich sowieso.

KinderspielDa ist der anrührende Film über die Liebe eines jugendlichen Vaters zu seinem Sohn, den er nicht behalten konnte (Kinderspiel von Lars Kornhoff), ein wundervoller Animationsfilm über die sich entwickelnde Liebe eines Sandmännchens mit einer Schneedame (oder war es umgekehrt?; Bottle von Kirsten Lepore) oder der schwedische Animationsfilm The Sleepy Revolution von Johanne Fronth-Nygren, der uns die Geschichte des Schlafens und des Gestresstseins erzählt. Manche Filme bleiben hinter ihren Ambitionen zurück, denn für manche Stoffe genügen zehn Minuten allenfalls, um Charaktere und deren Geschichten anzudeuten, so beispielswiese bei Because the night von Alexandra Dahlström. Ein anderer Film fragt uns, ohne uns zu direkt anzusprechen, wie wir mit Menschen umgehen, die Teil unserer Gesellschaft sind, aber als Bürger zweiter Klasse diskriminiert werden (Wie ein Fremder von Lena Liberta). Andere Filme wären zu nennen, aber den Besuch des Festivals kann eine Rezension nicht ersetzen.

Stattdessen sei dem interessierten Besucher Einiges empfohlen. Erstens: Sich im Internet – wie auf der Homepage, dem Bildflimmern-Blog oder die Facebook-Seite des Festivals – über die noch anstehenden Veranstaltungen und die (noch) verfügbaren Platzkapazitäten zu informieren und dort hinzugehen. Zweitens: Sich ein Programmheft mitzunehmen, die Verantwortlichen nach dem Termin für das nächste Jahr zu fragen und diesen im Kalender fett zu markieren.

Denn das cellu l‘art ist eine tolle Veranstaltung, umso mehr für die zwar selbstbewusste, aber manchmal doch recht provinzielle Großstadt Jena. Es bleibt zu hoffen, dass die ehrenamtlichen Veranstalter auch nächstes Jahr wieder einen Ort in Jena finden werden. Die Stadtverwaltung sei an dieser Stelle gefragt, ob sie nicht etwas für die Förderung des Kulturstandortes Jena tun will, anstatt alle öffentlichen Räume privaten Investoren zum Parkplatzbau (caleidospheres) oder zur Eröffnung eines sinnlosen Elektromarktes (Eichplatz) zu überlassen.

Fotos: Tim Wende; Filmposter


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Kommentare

Eine Antwort zu „Mit Liebe gestaltet“

  1. […] Bereits am Mittwoch (13. April) waren wir im Thüringen Journal des MDR zu sehen, wo unsere Aufbauarbeiten zum Open Air und im 27. Stockwerk des Intershop Tower dokumentiert wurden. Am Donnerstag (14. April) stellte der Jenaer Filmblog „The Gaffer“ drei Film-Highlights aus unserem Programm vor, wie ihr hier nachlesen könnt. Am Freitag (15. April) schrieb die TLZ über unser Programm und verhaspelte sich beim Namen von Toska Böhme – sie wird ohne „r“ geschrieben. Am Samstag (16. April) wurde auf der Homepage der interkulturellen Hochschulzeitschrift Unique ein Festivalbericht veröffentlicht. […]

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