Die Gewinnerfilme des diesjährigen Cellu L’Art Kurzfilmfestival sind aufrüttelnd, ästhetisch und herausvordernd – und machen Lust auf die Vielfalt des Kurzfilms! Bei der Preisverleihung ist nicht nur der Kinosaal voll, es werden auch nachdenkliche Töne angeschlagen und wichtige Themen angesprochen.
von Ladyna
Zeremonien der Arbeit im Schillerhof ist bis zum letzten Platz besetzt. An der Eingangstür wechseln noch zwei Karten die Besitzer. Man spürt eine gewisse Aufregung in der Luft: Heute werden die Preisträger des diesjährigen Cellu L‘Art Kurzfilmfestivals bekannt gegeben. Abweichend zu den Vorjahren wird dies nicht im Rahmen einer offiziellen Preisverleihung zelebriert, sondern die Gewinnerfilme werden im Kino mit entsprechender würdigender Moderation, Juri-Begründung und teilweise Danksagungen der Regiseurinnen gezeigt. Das Konzept geht auf und holt die Spannung direkt ins Kino, dort wo sich Kurzfilme und ihre Liebhaberinnen sicher am wohlsten fühlen.
Die Gewinnerfilme
Eine lobende Erwähnung erhält „Black Summer“ von Felix Dierich, der die Waldbrandkatastrophe in Australien 2019/2020 mit eindringlichen Bildern aus dem All fast schmerzvoll in Erinnerung ruft. Gleichzeitig kann man gar nicht anders, als von den Luftströmungen und dem ständigen Tag-/Nachtrhythmus fasziniert zu sein. Den Lichtstadt Award erhält „A Day‘s Work“ eine Dokumentation von Max Kerkhoff, der als einziger Regisseur selbst anwesend ist. In ästhetisierten und faszinierenden Bildern, die oft aus der ungewöhnlichen Vogelperspektive mittels Drohne gefilmt wurden, verfolgt die Kamera den Bau einer Straße in Myanmar, deren Bedeutung der Zuschauer erst ganz zum Schluss erfährt. Kerkhoff beantwortet Fragen des Moderators und des Publikums und macht dabei auf die schlimme Bürgerkriegssituation in Myanmar aufmerksam. Besonders berührend ist, dass die Stars des Filmes, die Arbeiter*innen, aufgrund des Krieges den Film selbst nie sehen konnten. „A Most Exquisite Man“ aus dem Gasland Estland von Jonas Taul erhält den Preis für die Beste Künstlerische Gestaltung – zurecht, denn diese ist sowohl ausdrucksstark, gewitzt als auch liebevoll. Damit verzeiht man dem Film auch, dass die von ihm erzählte Geschichte nicht neu ist. Trotzdem findet er schöne Bilder für das Innenleben einer depressiven Person und liefert eine schöne Vision eines atheistischen Lebens nach dem Tod. „In Flow of Words“ von Eliane Esther Bots erhält gleich zwei Preise: den der Jugendjury und jenen für den besten Film. Auch hier kann man nur sagen: verdient! Der Film erzählt eindrücklich, entfremdet und kreative die Unbegreiflichkeit des Bosnienkrieges aus einer ganz neuen Perspektive: jener der Dolmetscher*innen, die Opfer und Täter*innen übersetzten. Es geht um die Macht der Worte, die Unfähigkeit, zu vergessen und die Grauen des Krieges. Zuletzt wird der Publikumspreis verliehen, er geht an „schichteln“ von Verena Wagner, die den Mikrokosmos einer Glashütte, die auf traditionelle und schweißtreibende Weise Fensterscheiben herstellt, zeigt. Zwischen harter Arbeit, Kameradschaft und faszinierender Kunst entstehen eindrückliche Bilder einer Nachtschicht.
Wie geht es weiter?
Am Ende des Festivals stehen die Mitglieder des Cellu L‘Art auf der Bühne und das Publikum klatscht für so viel ehrenamtliches Engagement. Schließlich noch einige melancholische Abschiedsworte: Das Cellu L‘Art hat so wie viele kulturelle Institutionen keine sichere Finanzierung – deswegen ist es nicht sicher, ob es im nächsten Jahr noch einmal stattfinden würde. Wenn nicht, wäre das sehr schade, für die Kulturszene in Jena und für alle Menschen, die sich von einem vielschichtigen Kurzfilmprogramm überraschen lassen möchten.
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