Kulturarena: „Die Geister, die er rief…“

(Foto: Theaterhaus Jena)
(Foto: Theaterhaus Jena)

Noch bis Sonntag (15.7.) bietet die diesjährige TheaterArena einen klassischen Horror-Stoff: Mary Shelleys „Frankenstein“.

von julibee

Was einmal in der Welt ist, lässt sich nicht mehr zurücknehmen. Diese Wahrheit wird besonders deutlich, führt man sich das Dilemma des Protagonisten des Theaterstücks Frankenstein oder Der Moderne Prometheus vor Augen, das am Donnerstagabend in Jena die 21. KulturArena eröffnete. Geplagt vom Verlust seiner Mutter auf der einen Seite und angetrieben von naturwissenschaftlichem Ehrgeiz auf der anderen, wird Dr. Viktor Frankenstein zum Schöpfer einer Kreatur, die zusammengesetzt ist aus Leichenteilen – ein so grauenhaftes Monster, dass es in allen nur Abscheu und Horror hervorruft. Von seinem Schöpfer und der Welt gleichermaßen verstoßen, schwört das Monster, sein eigenes Leid mit dem Leid anderer zu vergelten.

Mary Shelleys Roman über die Eigenmacht der Schöpfung ist eine Geschichte vom Zwiespalt – vom Menschen, der das Böse, Hässliche, Gestörte aus sich selbst heraus „outsourced“, es dadurch jedoch keinesfalls los wird. Mit großem Pomp, beeindruckender Szenerie und einer Vielzahl an Schauspielern, Statisten und Bühnenhelfern hat das Theaterhaus Jena diese Geschichte nun auf eine Bühne gebracht, die nicht von ungefähr an eine Zirkusmanege erinnert. 15 Schauspieler, die die regulären Rollen des Stücks von Katharina Raffalt verkörpern, werden unterstützt von einem 60-köpfigen Statistenensemble, das besteht aus Clowns und Harlekins, Kegel- und Feuerjongleuren, Freaks, Bar-Damen, Pole-, Seil- und Tangotänzerinnen – eine kunterbunte Künstlergruppe, die sich schon vor Beginn des Stücks unter das Publikum mischt, Faxen macht, allerlei Klimmbimm anbietet und die Zuschauer stimmungsvoll vorbereitet auf die Bildgewalt, die auf sie zukommt. Unter Aufwendung von Leinwänden und Live-Action-Kameras, die einen sonst unüblichen Blick hinter die Kulissen gewähren, gewinnt die Umsetzung des Stücks an Originalität, erweitert den begrenzten Bühnenplatz visuell und schafft Eindrücke eines Charakters aus nächster Nähe, die im gewöhnlichen Theaterstück aufgrund von Distanz zum Publikum nur begrenzt vermittelt werden können. Die Musik, die teils vom Band und teils von einer Live-Band als Untermalung dazu kommt, nimmt das Publikum auf die Reise durch die reale und geistige Welt der Handlung, drückt mal die Leichtigkeit einer Urlaubsreise aus und dann wieder die tiefe Zerrissenheit, die Panik und den Horror, die Schöpfer und Monster fühlen müssen. Zwischen Überschwang und Parodie des normalen Lebens und tiefstem seelischen Abgrund schwankend, wirkt Frankenstein oder Der Moderne Prometheus doch nie zu überdreht, nie zu klamaukhaft – es ist eine Widerspiegelung des Widerspruchs, den die beiden Protagonisten, Schöpfer und Geschöpf, verkörpern.

Frankenstein oder Der Moderne Prometheus ist noch vom 13. bis zum 15. Juli, um jeweils 21.30 Uhr auf dem Theatervorplatz in Jena zu sehen.

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