Kann aus einem Haufen Kleinkrimineller das ‚next best thing’ der Marvel Studios werden? – Es kann: Guardians of the Galaxy besticht durch außerirdisches Tempo und galaktisch gute Story.
von Anna
Neue Gauner im Marvel Cinematic Universe – oder neue Helden? Im aktuellsten Teil der Phase 2 des MCU-Franchise nimmt Marvel Studios sich die Mammutaufgabe vor, fünf Protagonisten in die Story einzuführen, die vorher nur hartgesottenen Comicbuch-Lesern bekannt waren – und es ist nicht leicht, neben jahrelang bekannten und beliebten Helden wie Tony Stark alias Iron Man oder Nick Fury zu bestehen. Als weitere Anfangshürde spielt Guardians of the Galaxy als erster Film im MCU abgesehen von einer kleinen Anfangsszene ausschließlich im Weltall. Zurückdenkend an die übrigen Aliens des Franchise, allen voran Thor und Loki, fällt auf, dass selbst diese die größten Anteile ihrer Screentime auf der Erde verbrachten.
Damit nicht genug, Produzent Kevin Feige holte zusätzlich James Gunn als Regisseur ins Boot. In die Fußstapfen von Joss Whedon zu treten, der neben The Avengers und Agents of S.H.I.E.L.D. ebenfalls für Avengers – Age of Ultron angeheuert wurde, ohne die Story aus dem Gleichgewicht zu werfen, ist ebenso eine Ehre wie eine Herausforderung.
Eine Aneinanderreihung von Herausforderungen, die ohne Frage grandios gemeistert wurde: Von Anfang an überzeugt Guardians of the Galaxy mit demselben überzogenen Humor, der dem MCU eigen ist. Eine der ersten Szenen zeigt Peter Quill (oder, wie er sich selbst nennt: ‚Starlord’), anschaulich gespielt von Chris Pratt, beim Versuch eine wertvolle Reliquie zu stehlen. Unweigerlich zieht man als Zuschauer den Vergleich zu Tony Stark, der in The Avengers seinen eigenen Soundtrack einspielt, um Loki dramatisch vor einer Massenexekution in Stuttgart zu stoppen. Statt AC/DC ist es für Peter Quill der „Awesome Mix Vol. 1“, der ihn ununterbrochen durch den Film begleitet. Es ist nur eine der vielen Spitzen, die sich das Produktionsteam hat einfallen lassen, um dem Zuschauer die Charaktere in kurzer Zeit nahe zu bringen. Allen voran ist hierbei die liebenswerte humanoide Pflanze Groot zu nennen, deren gesamtes Vokabular sich darauf beschränkt, ihren Namen zu nennen. Nicht, dass das ein Hindernis wäre für seinen Kumpanen Rocket – aus irdischer Sicht ein Waschbär, der sich aber durch diese Bezeichnung zutiefst beleidigt fühlt –, der dessen Tonfall fehlerfrei interpretieren kann. Ergänzt wird dieses gesetzlose Trio durch Gamora, adoptierte Tochter des Superschurken Thanos, der bereits aus der After-Credits-Szene von The Avengers bekannt ist. Als letzte ihrer Art bezirzt Zoe Saldana, die ein Leben im Weltall bereits aus früheren Filmen wie Star Trek und Star Trek: Into Darkness gewohnt ist, und auch in Guardians in gewohnter Manier überzeugt. Einer, der lieber die Fäuste sprechen lässt, ist Drax, der das Gangsterquintett komplettiert.
Wie schlagartig sich die Rollen ändern können, wird im Laufe der rasanten Story schnell bewusst. Trotz völlig veränderter Umgebung und neuer Charaktere reiht sich die Geschichte nahtlos an die vorangegangene ‚Phase 1’ und Follow-Up Stories des MCU an. Die bisher nur unterschwellige Vermutung, dass Thanos auch im MCU zu einem der härtesten Gegner der Avengers und ihrer Verbündeten werden wird, erhärtet sich in Guardians of the Galaxy. Und auch der ‚Collector’, bekannt aus Thor: The Dark World, trägt einen nicht unerheblichen Teil zum Aha-Moment des Zuschauers bei. Wenngleich denjenigen, die die Geschichte der Guardians und der Avengers bereits in Comic-Büchern verfolgt haben, die Legende um die Infinity Stones bekannt sein sollte, ist es auch für sie ein Augenschmaus zu sehen, wie geschickt sie im MCU eingebaut wird. Es scheint spätestens jetzt sicher etabliert, dass diese Relikte (bisher bekannt: der Tesserakt aus The Avengers und der Äther aus Thor: The Dark World) den Kern von Phase 2 und 3 ausmachen werden und – reine Spekulation – Thanos letztlich zum Endgegner aufsteigen wird, den es in einem fulminanten Zusammenschluss der Guardians und der Avengers zu besiegen gilt.
Dass die Guardians das Zeug haben, neben den Avengers nicht nur zu bestehen, sondern diesen auch tatsächlich eine Hilfe zu sein, bleibt am Anfang von Guardians of the Galaxy noch durchaus zu bezweifeln: Ein Haufen erfolgloser Kleinkrimineller, die eher damit beschäftigt sind, sich gegenseitig zu übertrumpfen als gegen das Böse zu kämpfen – im Gegenteil, die nach Gesetz und Selbstauffassung selbst Teil des Bösen sind – wirkt nicht gerade Vertrauen erweckend, um als Beschützer des Universums zu dienen. Ähnlich wie es die Avengers taten, gelingt es aber auch den Titel gebenden Helden in Guardians nach einer Einstiegsphase ein Team zu werden, deren Taten die Spannung auf die folgenden Filme des MCU nur noch erhöhen.
Nur Marvel schafft es, am laufenden Band Filme mit so vielen Protagonisten zu produzieren, ohne jemals den Überblick einzubüßen. Die Handlung ist gewohnt schnell, eine Mischung aus Action und Comedy, mit vielen Nebensträngen, ohne dabei jemals den Blick auf das große Ganze zu verlieren.
Die Wandlung einer Gruppe Kriminellen zu den Guardians of the Galaxy hinterlässt Eindruck. Und wer sich schon darauf gefreut hat, dem sei gesagt: Auch in Guardians of the Galaxy ist Stan Lee in einer originellen Cameo zu sehen; ein weiteres Indiz für eine gelungene Einführung des neuen Heldenquintetts und die Etablierung von ‚Phase 2’ des MCU. Der Awesome Mix Vol. 2 geht weiter!
In deutschen Kinos zu sehen ab dem 28.08.2014.
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