Das Gorki-Theater ist fast ausverkauft als am Sonntagnachmittag die Autor_innen Sascha Marianna Salzmann und Ofer Waldman die Premiere ihres Buches Gleichzeit feiern, eher begehen, ins Gespräch kommen über die Erfahrungen der vergangenen Monate. Es ist der 7. April. Das Datum ist nicht zufällig gewählt. Der Angriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 liegt genau sechs Monate zurück.
von Paula Jänig
Ihre Eindrücke, Erfahrungen und Beobachtungen verarbeiten Waldman und Salzmann durch digitale Briefe, die von der Klassik Stiftung Weimar als Blog und mittlerweile im Suhrkamp Verlag veröffentlicht wurden.
Die Zeit verginge seit diesem Tag nicht wie zuvor, sagt Salzmann, nicht linear, sondern wie eine Druckwelle ausgehend von diesem Ereignis völlig ungreifbaren Grauens. Es habe sie sowohl physisch als auch psychisch verformt.
Der Austausch zwischen Freund_innen sei lebenserhaltend, eine „Lebensstrategie“, wie Waldman sagt. Es scheint unmöglich, eine Realität mit Worten zu greifen, welche nur Sprachlosigkeit erzeugt, Rauschen. So wird das Teilen des Empfundenen, des Erlebten, zur einzigen Möglichkeit, sich zu zeigen, Verbundenheit zu leben. So sehe er, sagt Waldman, dass „er in dieser Welt noch vorkomme“.
„Menschlich wird die Welt erst durch Freund_innenschaft.“
Es entstand ein literarischer Dialog, welcher ehrlich und persönlich die Distanz journalistischer Objektivität aufhebt. Es sind einfühlsame, zugängliche Worte aus dem Erlebten zweier durch Schreiben verarbeitender Menschen und sie führen nah, schmerzhaft und direkt in die Erzählung einer Gegenwart, in welcher wir gemeinsam aber dennoch leben.
Ofer Waldman wuchs in Jerusalem auf, studierte Musik und Germanistik in Berlin, promovierte in an der Hebräischen Universität Jerusalem in Jüdischer Geschichte. Er lebt mit seiner Familie in Israel und arbeitet als Journalist und Autor.
Sasha Marianna Salzmann ist Romanautor_in, Dramatiker_in und Essayist_in und Mitbegründer_in des Studio R am Gorki-Theater Berlin. Zuletzt veröffentlichte sie ihren Roman „Im Menschen muss alles herrlich sein“, welcher bereits mehrfach inszeniert wurde.