Am Samstag trat die dänische Musikerin Agnes Obel in der Kulturarena auf. Sie versuchte, die stolze und gelassene Nachdenklichkeit des Nordens nach Thüringen zu bringen. Doch dabei hatte sie mit allerlei Unwägbarkeiten zu kämpfen.
von Philipp
Samstagabend, alles wie gewohnt: Junggesellenabschiede verschmutzen die Stadt. Wenn man über den Ernst-Abbe-Platz geht, bemerkt man, wie die mit Büchern bepackten und Jutebeutel schwingenden Studenten verschwinden und pöbelnde, alkoholisierte Zeitgenossen die Regentschaft übernehmen, in dem sie Flaschen klirren lassen. Super, Wochenende in Jena. Also: auf zur Kulturarena. Dort bietet sich dem Beobachter aber ein gänzlich ungewohntes Bild. Es herrscht gutes Wetter und mit diesen sommerlichen Temperaturen kann man sogar im T-Shirt, kühle Getränke schlürfend, auf den Act des Abends warten: die dänische Popsängerin Agnes Obel, deren Markenzeichen eine Eule ist. Was tatsächlich auftritt ist eher ein dänisch-deutsches Musikerduo, bestehend aus Agnes Obel und Anne Müller.
Die beiden Musikerinnen (Obel mit Flügel, Müller mit Cello und ein mal auch mit Gitarre) betreten die Bühne und beginnen ihre Musik, die oft sehr traurig, etwas getragen ist. Gut komponiert, zweifelsohne, und dazu gefühlvoll vorgetragen. Die Texte machen nachdenklich und die oft langen instrumentalen Phasen laden ein, den Gedanken noch ein wenig nach zu hängen oder den Blick und Geist über die Veranstaltung schweifen zu lassen. Es sind viele Gäste gekommen, 1.500 dürften es sein. Die Sitzreihen sind voll und in den Zwischenräumen stehen sie, Alte und Junge. Das Publikum wirkt angerührt und nachdenklich, ergibt sich der Musik. Aber angesichts des heiteren Wetters wirkt diese düstere Stimmung irgendwie unecht. Der karge, schwarz gehaltene Bühnenraum unterstützt dieses Gefühl und erweckt den Eindruck, als wenn hier fröhliche Thüringer säßen, die in einem Museum nordische Traurigkeit und Nachdenklichkeit betrachteten.
Doch diesen Unwägbarkeiten trotzte die Musik. Sie zog die Zuhörer und -schauer in ihren Bann und schaffte es, die allzu fröhliche Stimmung, die das Wetter ausstrahlte, zu verwandeln. So kamen die Musikerinnen und das Publikum in eine ruhige, stolze, vielleicht nordische Nachdenklichkeit, gelassen und erwachsen. Diese Stimmung hielt leider nicht sonderlich lange: nach dem Konzert taumelte man schon bald in die Fänge des nächsten Junggesellenabschieds. Ärgerlich.
(Fotos: © Kulturarena)
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