von Klaus Relotius
„Und wenn alle untreu werden, so bleiben wir doch treu!“, singen Jenaer Burschenschaften bis heute gerne. Mit der Treue gibt es in Jena scheinbar an anderer Stelle ein klitze kleines Problemchen. Im Herbst 2022 berichtete erstmalig der MDR über das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Gera gegen den ehemaligen Werkleiter von JenaKultur Herrn Jonas Zipf. Der Verdacht: Untreue. Das nie realisierte Projekt „The Diamond Maker“ zieht nun einen Rattenschwanz von Verdrießlichkeiten nach sich, der auch unseren Bürgermeister Herrn Thomas Nitzsche in Bedrängnis bringt. Die ganze Geschichte stinkt nach Filz, aber von Anfang: In einem Anflug geistiger Umnachtung bildete sich in den Köpfen des Ex-Werkleiters Zipf und des Schweizer Künstlers Christoph Büchel Anfang 2021 ein Gehirnfurz. Die Idee, aus Scheiße Gold zu machen, kennen wir alle aus dem Märchen mit dem goldenen Esel, aber die Zauberer Zipf und Büchel strebten danach, ihr liebstes Kindermärchen aus der Fiktion in die Realität zu heben. Die Abfolge der Geschehnisse wurde von der Lokalpresse bereits mit einem vollmundigen Titel getauft: die Diamanten-Affäre. Der Goldesel, besser der Diamantenesel, war in diesem Fall unsere prosperierende Lichtstadt Jena. Zipf und Büchel strebten nach Höherem. Wer das nicht verstehe, beteilige sich hier an der intriganten „Schmutzkampagne“. Die Berichterstattung wolle Zipfs Existenz vernichten. Er wollte Kultur machen und nicht nur verwalten. „Entwicklungsthemen sind anstrengend und teuer.“ Das Ganze sei ein stadtpolitisches Narrativ, um ihn loszuwerden, sagte Zipf der OTZ. Der Stadtrat hingegen kocht vor Wut. Der angerichtete Schaden durch Herrn Kulturmacher Zipf beträgt rund 100.000 Euro. Wäre das Projekt realisiert worden, hätte es ca. 300.000 Euro gekostet. Davon angeblich 180.000 Euro Fördermittel vom Bund. Mit Kleinscheiß gibt sich Zipf nicht ab, denn seine Vision besteht aus großer Scheiße. Er wollte nicht kleckern, sondern kacken.
Aber nochmal, worum geht es denn überhaupt? Man nehme die alten Gemälde des Künstlers Büchel und sammle dessen Kot. Ja, richtig gehört. Seine Exkremente! Das alles wird zusammengemischt, verbrannt und dann unter Hochdruck in der Schweiz zu Diamanten gepresst. Wahnsinn, was die Schweizer alles können! Fertig ist das Projekt: „The Diamond Maker“ ein Stück kohlenstoffbasierter Hochkultur. Im Mai 2022 trat dann unser liebster Bürgermeister Nitzsche vor den Stadtrat und informierte die Öffentlichkeit, dass Herr Zipf sich ein Holzfloß gebaut habe und auf diesem mit freiem Geleit die Saale hinunter bis zur Mündung der Elbe fahre, um dort die freie Seeluft der großen Kulturstadt Hamburg zu atmen. Der Macher Zipf arbeitet von da an bis heute als kaufmännischer Geschäftsführer der angesehenen Kulturagentur „Kampnagel“, denn mit Geld kennt Zipf sich aus. Laut Gerüchteküche sei er bereits im April 2022 intern freigestellt worden, da ein Verdacht auf „rechtswidriges Verhalten“ vorlag. Anstatt Zipf in Elon-Musk-Manier zu feuern, erhielt er einen Aufhebungsvertrag. Diese Art von Vertrag sei angeblich mit einer Abfindung verbunden. Tatsache ist, dass bei derlei Personalentscheidungen die Zustimmung der Ratsdamen und Ratsmannen des Stadtrates eingeholt werden muss. So steht es in Paragraf 22 und 29 der Thüringer Kommunalverordnung. In früheren Fällen hätte Nitzsche das auch so gehandhabt, nur bei der Causa Zipf nicht. Komisch. Aber Nitzsche muss sich an die Stillschweigeklausel halten und sagt nichts dazu. Ganz nach dem Motto: Reden ist Kot, Schweigen ist Diamant. Pünktlich an dem Tag, als die Plakate zur Kommunalwahl aufgehängt wurden, reichte die Linken-Fraktion um OB-Kandidat Jens Thomas eine Organklage gegen Nitzsche ein. Zufälle gibt es. Der Diamantenesel wird wohl vorerst ein
Märchen bleiben.