Nachdem das diesjährige internationale Kurzfilmfestival cellu l’art am Dienstag mit dem jährlichen Open-Air-Event am Faulloch eröffnet worden war, gab es Mittwochabend im Volksbad den ersten Wettbewerbsblock zu erleben.
von Quentin
Schon am Dienstagabend hatten die Kurzfilmfreunde, die zum Auftakt von Jenas internationalem Kurzfilmfestival ans Johannistor gekommen waren, mit kleinen Widrigkeiten – in diesem Fall: der Temperatur – zu kämpfen. Dank der Musik von The Panjabys und einem liebevoll ausgewählten Kurzfilmprogramm konnten die Besucher und der veranstaltende cellu l’art Jena e.V. das Event dennoch als vollen Erfolg verbuchen.
Am Folgetag war dann, bedingt durch den Nazi-Fackelmarsch in Jenas Innenstadt, allerhand Polizeiaufgebot rund um das Volksbad präsent, wo noch bis Sonntag die Filmblöcke des Wettbewerbs und des diesjährigen Länderschwerpunktes (Finnland) zu sehen sein werden.
Wer sich um 22 Uhr trotz Absperrungen bis zum Filmeschauen vorgewagt hatte, der wurde mit einem fulminanten Auftakt belohnt: dem ersten Wettbewerbsblock unter dem Titel „Love“. Die auffällige, aber keineswegs übermäßige Häufung von Pärchen war an diesem Abend wohl zu erwarten. Das Thema Liebe spielte nicht immer eine direkt ersichtliche Rolle, denn nur zwei der sieben Kurzfilme handelten von romantischer Liebe. Mitreißend und emotional waren die überwiegenden Teilnehmerbeiträge aber auf jeden Fall: Man konnte dem Publikum teilweise sehr gut ansehen, was für eine Art von Film gerade vorgeführt wurde.
Schon der erste Beitrag war etwas Besonderes: The Chicken handelt von einer Mutter, die im Kugelhagel des Bosnienkriegs dem Huhn hinterher jagt, das ihre Tochter aus Mitleid vor dem Festessen zu ihrem Geburtstag retten wollte. Die Freiheit der Henne war allerdings nur von kurzer Dauer; die Liebe des Mädchens zum Geflügel endete dann doch am Esstisch… oder auch nicht, je nach Perspektive, denn Liebe geht ja bekanntlich durch den Magen.
Als emotional noch aufwühlender wird vielen Zuschauen sicher der fünfte Beitrag, der polnische Kurzfilm czułość – tenderness in Erinnerung bleiben und ihnen auch noch weit über seine Laufzeit hinaus zu schaffen machen. Die Handlung dreht sich um ein verliebtes junges Paar, das sich in einem Hotelzimmer einmietet. Anstelle einer romantischen Nacht beobachtet man aber eine in ihren körperlichen Auswirkungen äußerst hässlich anzusehende, medikamentöse Abtreibung. Der knapp halbstündige Film kam dabei beinah gänzlich ohne Dialoge aus. Die Intimität und Glaubwürdigkeit der Bilder reichten völlig aus, um den Anwesenden einen Schauer über den Rücken zu jagen.
Die Veranstalter waren zum Glück nicht so sadistisch, das Publikum mit der gedrückten Stimmung, die den Saal nach diesem Film ergriff, in die Nacht zu entlassen. Stattdessen ging es mit einem leicht verdaulichen und äußerst entspannenden Film mit Fokus auf audio-visueller Ästhetik weiter: Citius, Altius, Fortius lud mit simplen Bildern, die durch computergenerierte Formen die Schönheit und Komplexität sportlicher Bewegung paraphrasierten, zum Versinken in Faszination ein. Den Abschluss machte schließlich noch ein Beitrag aus Österreich über die Hass-Liebe dreier Brüder, die versuchten, ein Kindheitsbild für ihre Mutter nachzustellen. Durch Situationskomik und sehr hohes Identifikationspotential ließ Die Badewanne die Zuschauer dann doch noch mit einem Lächeln auf den Lippen nach Hause gehen.
Wettbewerbsblock 1 („Love“) läuft nochmals am Freitag um 18:15 im Volksbad (Kleiner Saal).
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