Buchrezension: „The Road“

Autor: Cormac McCarthy, Verlag: Vintage International, 287 Seiten – mittlerweile unter „Die Straße“ auf Deutsch erschienen im Rowohlt Verlag, 252 Seiten

von Jenny

Die Welt, zerstört von einer nicht näher definierten Katastrophe, ist von Asche übersät. Die Menschheit nahezu ausgelöscht. In dieser postapokalyptischen Umgebung ist ein Vater mit seinem kleinen Sohn auf den Straßen irgendwo in den USA unterwegs. Ein Einkaufswagen enthält ihr ganzes Hab und Gut. Nach Süden wollen sie, denn der Vater weiß: Diesen Winter werden sie nicht überleben. Ständig verfolgt von der Angst vor Hungertod und Banden marodierender Kannibalen, ist das einzige Ziel seines Daseins das Überleben des Sohnes als einer der „Guten“. Und doch trägt er den Revolver bei sich, die zwei Kugeln darin als letzten Ausweg nicht missen wollend.
Cormac McCarthy zeichnet in seinem zehnten Roman „The Road“ ein albtraumhaftes Bild, welches direkt einem Horrorfilm entsprungen zu sein scheint. Da Namen und genauere Hintergründe fehlen, lädt die geradezu biblische Geschichte der zwei Verlorenen zur Deutung als Parabel über das Menschsein an sich ein. Ungeachtet dessen entfaltet die Erzählung, die größtenteils nur aus der Routine des tagtäglichen Überlebenskampfes besteht, eine an den Nerven zerrende Sogwirkung. Grund dafür ist – abgesehen vom permanenten Gefühl der Bedrohung – die überraschend zärtliche Schilderung der Vater-Sohn-Beziehung, „each the other‘s world entire“.
Der Junge – geboren unmittelbar nach der Katastrophe – kennt nur diese Welt der Hoffnungslosigkeit, in der die Bewahrung der Menschlichkeit zum Auslaufsmodell, die degenerierte Erbarmungslosigkeit der Anderen zum modus operandi geworden ist. In dieser ewigen Nacht der lebenden Toten ist er der Lichtschein einer besseren Zukunft. Nicht zufällig begründet der Vater ihren Status als „good guys“ immer wieder damit, dass sie die „Träger der Fackel“ sind in der gottverlassenen Hölle auf Erden.
McCarthy beschreibt das Bemühen des Vaters um die Bewahrung der eigenen moralischen Integrität vor dem Hintergrund der bestialischen Brutalität des Krieges aller gegen alle. Es sind diese Momente unvorstellbarer Grausamkeit, ob es sich nun um aufgespießte Köpfe, enthauptete Babys oder Schlimmeres handelt, welche den Leser dazu verleiten, die Augen von den Seiten loszureißen, um sich der Fiktion des Erzählten zu versichern. Doch weglegen kann man das Buch nicht, denn selbst in dieser, von der ultimativen biblischen Plage zerstörten Aschenwelt bindet ein Funke Zuversicht die Aufmerksamkeit. Wenn es auch „nur“ die Liebe eines Vaters zu seinem Sohn ist.


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