Barbie ist still – ich bin es nicht!

© cellu l'Art, JUCK Sweden 2018

Beim Themenblock „Female Voices“ des diesjährigen zwanzigsten cellu l’art Festivals in Jena wurde eine breite Palette weiblicher Lebenssituationen dargestellt: von kindlichen Schönheitsköniginnen zu wütenden Tänzerinnen. Mit den acht präsentierten Kurzfilmen wurden verschiedene Perspektiven auf die  Gleichberechtigung der Geschlechter aufgezeigt, so dass weibliche Protagonistinnen und Filmemacherinnen ihre zum Teil ganz persönlichen Stimmen erheben konnten.

von Ladyna

Von der abstoßenden Objektivierung von Frauen in Südkorea in Form von sich verbeugenden, sexualisierten Puppen, die Kunden vor Länden zum Einkuf animieren sollen hin zu  „Juck“, einer schwedischen Tanz-Performance Gruppe, die sich aktiv männlichen Habitus und öffentliche Räume aneignet, zeigten die acht Kurzfilme zunehmende Grade der Emanzipation. Der Name der Tänzerinnen bedeutet so viel wie „stoßen“. Mit ihrem wütenden Tanzstil und ihrem maskulinen Gehabe schockieren sie teilweise die Vorbeigehenden, haben aber auch viele andere Frauen jeden Alters animiert, ihre eigenen Körpersprache und den Umgang mit sich selbst zu hinterfragen. Der Kurzfilm über die entschlossenen Frauen verströmt eine enorme Menge an Adrenalin und geballter Energie. Dies zeigt sich als sehr ansteckend, so dass das Publikum am Ende dieses letzen Filmes in begeisterten Applaus ausbricht.

Auch die Darstellungsformen der acht Kurzfilme sind sehr unterschiedlich, vom experimentellen und schnell geschnittenen Zeichentrick bis hin zum stilllebenhaften Realismus. Manche Filme wollen zu viel Botschaft verpacken und schleppen sich angesichts dessen dahin. Andere versprühen Witze und Ideen. Und treffen einen Punkt. Manchmal so sehr, dass sie weh tun. Auf eine katharsishafte Art und Weise, die die Zuschauer hoffentlich ein paar Denkanstöße mit in die Sommernacht nehmen lässt.

Besonders eingehend ist ein brasilianischer Dokumentarfilm, der in die Welt der Schönheitsköniginnen im Kleindkindalter eintaucht.  Eine Fünfjährige, die perfekt das einstudiert hat, was Erwachsene für schön halten, ärgert sich über die Unzuverlässigkeit ihrer Partnerin, mimt Perfektion und Leblosigkeit. Sie ist die perfekte Puppe. Bis sie schließlich zur Mini Miss Brasil Wold gewählt wird – und um sie herum die anderen Mädchen in verzweifeltes Geheul ausbrechen. Nicht nur dieser Moment zeigt die Perversion der Prozedur. Ein erschöpftes kleines Mädchen weigert sich, noch einmal auf den Laufsteg zu gehen. Die Mutter setzt sie emotional unter Druck, droht, dass es keine Geschenke gibt, wenn die Kleine sich nicht zusammen reißt. Besonders perfide: die püppchenhaften Mädchen, aus denen nur manchmal ein Kind hervor lugt, müssen den Juroren Geschenke überreichen. Nur einmal bricht etwas Echtes, etwas Rebellisches aus der späteren Gewinnerin heraus. Als man ihr sagt, dass sie wie Barbie aussehen würde meint sie leicht gekränkt: „Barbie ist still – ich bin es nicht!“.

Wer noch etwas vom Festival mitbekommen möchte: das Cellu l’Art geht noch bis Sonntag, Tickets und weitere Informationen sind auf der Webseite des Festivals zu finden.  


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