Das Projekt STAY hat das Ziel, internationale Studierende und Absolventen mit Unternehmen zu vernetzen – und so Vourteilen und Fachkräftemangel entgegen zu wirken.
von Ekaterina Maruk
Dritter Drehtag, Campus der TU Ilmenau: Es ist ziemlich ruhig heute, nur einige Studierende sind auf dem Weg zur Mensa. Prüfungszeit. Irina kommt uns lächelnd auf ihrem sonnengelben Fahrrad entgegen. Die Augustsonne lacht vom Himmel. Ideale Drehbedingungen. Während André von der Erfurter Filmproduktionsfirma n13-Media seine Kamera aufbaut, gehen Irina und ich die Szene noch einmal durch: Wir werden Irina auf ihrem Fahrrad filmen, wie sie über den Campus radelt, sich mit ihren Freunden und Kommilitonen aus Rumänien, Pakistan und den USA trifft und ein Seminarthema mit ihnen bespricht. Für Irina scheint es dabei kein Problem zu sein, sich gleichzeitig in vier Sprachen – Russisch, Deutsch, Rumänisch und Englisch – zu unterhalten.
Der Filmdreh ist Teil des Projekts STAY – Studieren. Arbeiten. Leben in Thüringen, ins Leben gerufen im Rahmen der Initiative Study & Work – Regionale Netzwerke zur Bindung von internationalen Studierenden des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft und der Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, für Mittelstand und Tourismus. Ein Hauptanliegen von STAY ist die Vernetzung von internationalen Studierenden und Thüringer Unternehmen: Die Studierenden erfahren etwas über die Unternehmenslandschaft in Thüringen, haben die Möglichkeit, einzelne Unternehmen kennenzulernen und Einstiegsmöglichkeiten auszuloten. Die Unternehmen werden im Gegenzug auf die Studierenden aufmerksam gemacht. Es geht darum, Hindernisse und Vorurteile abzubauen und gezielt die vielfältigen Stärken der internationalen Studierenden herauszustellen. Neben den Filmen dienen dazu auch die Veranstaltungsreihe „Triff Dein Unternehmen“, Fachtutorien für internationale Studierende an den beiden Jenaer Hochschulen, Kooperationen mit Akteuren des regionalen Arbeitsmarktes – wie JenaWirtschaft und die Thüringer Agentur für Fachkräftegewinnung – sowie Veranstaltungen zu rechtlichen Fragen und Bewerbungsmodalitäten.
Irina hat mit 31 Jahren bereits ziemlich viel erreicht: Mitbegründerin und Chefredakteurin der Zeitschrift Asta Da in Moldawien, sechs Jahre Tätigkeit als Reporterin beim VIP magazin. Leiterin der Kommunikation und Qualitätsabteilung einer Bank in ihrem Heimatland Moldawien. Die zarte Frau mit ihrem einnehmenden Lächeln hatte sich bereits ein Leben aufgebaut, bevor sie nach Deutschland kam, um noch einmal zu studieren. Obwohl sie in einem englischsprachigen Studiengang immatrikuliert ist, bei dem Deutschkenntnisse keine Voraussetzung sind, lernt sie Deutsch und hat nach einem Jahr bereits das Niveau B2 erreicht. Sie will nach dem Studium in Deutschland arbeiten und weiß, dass gute Deutschkenntnisse dafür von großem Vorteil sind.
Irina ist nur eine von knapp 6.000 jungen Menschen aus anderen Ländern, die an den acht Thüringer Hochschulen studieren. Sie und weitere neun internationale Studierende sind Protagonisten in den drei Kurzfilmen, die in diesem Jahr für das Projekt STAY gedreht werden und Thüringer Unternehmen auf die Potenziale von internationalen Studierenden und Absolventen aufmerksam machen sollen. Zehn Studierende aus Erfurt, Ilmenau, Jena, Nordhausen und Schmalkalden berichten über ihre Qualifikationen, Kompetenzen und interkulturellen Erfahrungen, die sie in ihren Heimatländern und während des Studiums in Thüringen erworben haben.
Obwohl diese Studierenden oftmals schon einen großen Schatz an Erfahrungen und Qualifikationen mitbringen, den sie hier erweitern und vertiefen, existieren immer noch viele Vorurteile und Bedenken in Bezug auf ihre Fähigkeiten. Oft wird fälschlicherweise sprachliche Kompetenz mit fachlicher gleichgesetzt. Dazu herrscht vielerorts die Meinung vor, dass internationale Studierende nicht in kleinen Städten bzw. nicht bei kleinen und mittelständischen Unternehmen arbeiten wollen. Irina dagegen möchte nicht im Trubel großer Städte leben: „Mir gefällt die Natur in der Region sehr. Die Ruhe der ländlichen Region hat für mich etwas Beruhigendes.“
Die Szenen mit Irina sind im Kasten. Morgen geht es nach Nordhausen und Erfurt, wo uns weitere Studierende mit ihren ganz eigenen Geschichten erwarten.
Ekaterina Maruk koordiniert seit Juli 2015 das Projekt STAY – Studieren. Arbeiten. Leben in Thüringen. für die Ernst-Abbe-Hochschule Jena. Die Filme können im YouTube-Kanal des Projekts STAY angesehen werden und sind auch im Weblog (stay-in-thuringia.blogspot.de) zu finden. Das Projekt läuft noch bis Mitte 2017.
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