Vergessen vom „Bosnian Dream“

(© barnsteiner-film)
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Der Film Djeca – Die Kinder von Sarajevo erzählt die bewegende Geschichte vom täglichen Überlebenskampf eines Geschwisterpaares im heutigen Nachkriegsbosnien.

von Martin

Schauplatz Sarajevo, das heutige Bosnien der Nachkriegsjahre. Es beginnt mit einer alltäglichen Schulhofstreitigkeit: Nedim, ein 13-jähriger Waise des Bosnienkrieges, zerstört nach einer Schlägerei mit dem Sohn des lokalen Machthabers, Minister Melic, dessen neues iPhone. Die kleine Rache bringt Nedim in eine schwierige Lage; um einem drohenden Schulverweis zu entgehen, soll dieser das teure Handy ersetzen. Rahima, seine 23-jährige Schwester, verdient als Köchin in einem Restaurant gerade genug, um das Überleben des Geschwisterpaares zu sichern. Die Forderung, ein neues Handy zu beschaffen, bringt die beiden an den Rand des Existenzminimums und verschärft ihre Situation massiv.

Ein vielleicht typischer Streit zwischen Jugendlichen wird zum Sinnbild für die Situation einer ganzen Gesellschaft: Auf der einen Seite stehen Nedim und Rahima, Kriegswaisen des Bosnienkrieges der 90er Jahre, haltlos auf sich selbst gestellt. Rahima sucht Trost im Islam, während der junge Nedim auf der Suche nach Halt und Anerkennung immer mehr in die Hände der örtlichen Kleinkriminellen gerät. Auf der anderen Seite stehen die lokalen Eliten, präsentiert durch Melic, die unbeschadet vom Krieg ihren Status behaupten konnten. Frei von finanziellen Sorgen, leben sie das ausschweifende Leben des Stärkeren, lassen sich teure Speisen servieren und schikanieren jeden, der ihnen ausgeliefert ist. Das Restaurant wird zum Gegenstück der kleinen Zweizimmerwohnung von Rahima und Nedim.

Djeca – Die Kinder von Sarajevo zeigt auf ergreifende Weise, was es heißt, im heutigen Bosnien zu leben und wie der Krieg eine Gesellschaft ruinierte, die sich bis heute nicht vom diesem Schaden erholt hat. Auch wenn die Waffen längst schweigen, so ist der eigentliche Überlebenskampf noch längst nicht vorbei. Der „Bosnian-Dream“, die hoffnungsvolle Aufbruchphase der frühen 2000er Jahre, in der man noch glaubte, sich eine bessere Zukunft aufbauen zu können, ist längst einem tiefgreifenden Stillstand gewichen. Resignation bestimmt das Denken, der Weg in jene bessere Zukunft scheint noch lang.

Mit dem Blick auf das Geschwisterpaar Nedim und Rahima gelingt es der Regisseurin Aida Begic, der zurzeit wohl wichtigsten bosnischen Filmemacherin, das spannungsvolle Panorama des heutigen Bosniens zu zeichnen. Mit dem Fokus auf der Hauptprotagonistin Rahima, ihren Ängsten und Wünschen, aber auch ihrer Entschlossenheit, hält sie ihrem Land den Spiegel vor: Sie zeigt, wie Resignation und soziale Konflikte ihr Land spalten, das aber – wie Rahima und Nedim zeigen – noch lange nicht aufgehört hat, für eine bessere Zukunft zu kämpfen.

Djeca – Die Kinder von Sarajevo ist ein emotionaler, sehr sehenswerter Film, der seit Donnerstag in ausgewählten Kinos zu sehen ist.

Den Trailer zum Film gibt’s hier.


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