„Es bleiben immer noch Fußball und die Musik“

Zwei Drittel der Sportfreunde Stiller im Gespräch über ihr neues Album, schmerzhafte Tour-Erlebnisse und die Foo Fighters.

unique: Ist das der erste Besuch, den ihr Jena abstattet?

Peter: Vor fünf Jahren haben wir hier schon mal gespielt. Das war im „Rosenkeller“. Und im „Kassablanca“ – eines unserer ersten Konzerte, so 1997.

Flo: Wir sind damals auch erst als „Sportfreunde Schiller“ angekündigt worden und es waren sehr wenige Leute da. Die Bühne wurde total mit Nebel vollgepumpt und als der Vorhang aufging, standen in der hinteren Ecke um die acht Menschen. Zu dem Zeitpunkt waren wir zum Glück überhaupt nicht verwöhnt, wir hatten ja keinen Vergleich. Damals hat das eben dazugehört. Teilweise waren wir auf der Bühne mehr Leute als im Publikum. Aber für uns war es ein Abenteuer, unterwegs sein zu dürfen. Alles hat sich Schritt für Schritt entwickelt und das war auch gut. Uns wäre es nicht so recht gewesen, wenn der Erfolg wie bei anderen Bands von null auf hundert gekommen wäre.

Heute erfreut ihr euch ja großer Popularität. Ist der Erfolg noch immer etwas Besonderes für euch?

Peter: Das ist für uns schon immer etwas Besonderes und wir wissen auch: Es ist nicht selbstverständlich. Man fragt sich natürlich, ob die Leute mit jeder Platte dabei bleiben oder ihnen die Musik nach wie vor wichtig ist. Gerade nach der längeren Pause waren wir schon unsicher, ob noch jemand am Start ist und Bock auf uns hat. So ist es eigentlich bei jeder Veröffentlichung, es schwingt immer ein Kribbeln und eine gewisse Unsicherheit mit.

Ihr habt jetzt ein neues Album. Welche Bedeutung hat der Titel und warum habt ihr es in Hamburg aufgenommen?

Peter: Das neue Album heißt „New York, Rio, Rosenheim“. Das ist eine Anspielung auf New York, Rio, Tokio von Trio Rio. Und warum Hamburg? Unser Produzent meinte, es gäb’ da in Hamburg dieses wundervolle Clouds Hill-Studio und wir müssten da unbedingt hin. Und es hat sich bewahrheitet. Da haben auch schon andere Größen aufgenommen wie Tocotronic oder Bela B.

Wie lief das so ab?

Peter: Wir waren so 14 Tage in diesem Studio, á vier Etappen. Dazwischen hatte man dann immer ein paar Wochen Zeit, um neue Lieder zu schreiben. Das war wirklich eine gute Entscheidung, nicht so lange am Stück im Studio zu sein, um dann am Ende einen Koller zu kriegen und nur noch nach Hause zu wollen. Der Flow bei den Aufnahmen war auch sehr gut. Und wir konnten uns problemlos auf eine Richtung einigen. War eine gute Zeit. Wir haben, glaube ich, noch nie so frei Musik gemacht wie bei diesem Album.

Was genau meinst du mit „frei“?

Peter: Na ja, einerseits war es eine gute Chemie zwischen uns, dem Produzenten und den anderen Leuten im Studio. Man hat sich da auf einer Augenhöhe getroffen und Kritik auch mal einfach angenommen. Und das galt auch für uns drei. Irgendwie haben wir gelernt, unsere Egos zurückzufahren und nicht um jede Idee und um jeden Satz zu kämpfen, wenn es den anderen mal nicht gefällt. Das war wirklich eine schöne Entwicklung.

Unterscheidet sich das neue Album von den vorherigen?

Flo: Das Album ist nach wie vor unserem Stil treu geblieben. Es gibt wieder sehr intime und typische Sportfreunde-Balladen wie „Applaus Applaus“, aber im Gegensatz dazu auch ausgelassene und wilde Lieder wie „Lederjacke“ oder „Hymne auf dich“. Das Spektrum ist also breit gefächert, wir haben sogar ein paar neue Sachen ausprobiert: Peter hat Schlagzeug gespielt, ich habe gesungen und Rüde hat auch mal die Gitarre in die Hand genommen… Man könnte sagen, es klingt Sportfreundestillerartig.

Was soll eure Musik beim Publikum bewirken?

Peter: Das ist unterschiedlich. Es gibt Stücke, die stehen einfach nur so im Raum – stehen für sich. Und dann gibt’s natürlich auch Stücke wie „Hymne auf dich“, das an die Menschen appellieren will; das sagt: Verlier dich nicht in diesem ganzen Alltagstrott und den Aufgaben, sondern feier’ dich einfach mal! Einige Male schlüpft man auch in eine Rolle – wie zum Beispiel Flo in die eines Narzissten, der besingt wie wunderbar es ist, von ihm geliebt zu werden. Hier geht es weniger darum, eine Authentizität darzustellen, sondern mehr darum, eine bestimmte Person passend darzustellen.

Was würdet ihr im Rückblick als euer bestes Tourerlebnis bezeichnen?

Flo: Es ist jedes Mal super, schon allein weil wir uns an jedes Tourerlebnis erinnern können, und das seit 17 Jahren. Die Auftritte sind nie routiniert, es passiert also immer irgend etwas besonderes. In Österreich sind wir mal mit Geld beschmissen worden. Das war dann einer der Auftritte, nach denen wir uns dachten „Ach Gott, was war denn da los, das war echt schlecht“. Und dann gibt es großartige Momente wie bei „Rock am Ring“, wenn du dein Lied abfeuerst und die Leute ausflippen. Eine Top-Ten-Liste zu erstellen würde nicht funktionieren.

Ihr wurdet mit Geld beworfen?

Peter: Ja, weil ein Bier auf die Bühne flog, das Flo’s Casio traf. Er kam dann auf die glorreiche Idee zu sagen: „Hey, das zahlt’s ihr mir!“

Flo: Ja, und dann kamen die Münzen. Die haben echt wehgetan. [lacht]

Anlehnend an euren Bandnamen: Was bedeutet Fußball für euch?

Flo: Fußball ist eine Religion, fast schon eine echte Sucht. Zu den Champions-League-Finals haben wir Termine in Österreich und gleich gesagt, die können wir nur einhalten, wenn wir einen Fernseher im Backstage-Bereich bekommen. Wir sind eben einfach Fußballfreaks und schauen immer – wenn es sich machen lässt. Selber spielen wir auch noch.

Peter: Sollte irgendwann einmal der traurige Fall eintreten…

Flo: …dass Uli Hoeneß eingesperrt wird?!

Peter: …dass alle lieben Menschen von der Welt verschwunden sind, dann weiß ich, es bleiben mir immer noch Fußball und die Musik als meine zwei großen Leidenschaften. Also Fußball kann einem schön den Tag versüßen.

Flo: Oder versauen.

Ihr kennt euch schon ziemlich lange. Geht ihr euch eigentlich auf die Nerven, wenn ihr zusammen tourt, oder ist das eher so ein Band, das zusammenhält?

Peter: Uns verbinden 17 Jahre voll von Erinnerungen und das bindet unglaublich. Aber natürlich gibt’s auch so Erlebnisse wie neulich. Da musste wir um halb fünf aufstehen, um nach Wien zum Videodreh zu fliegen. Und dann stehst du Morgens übermüdet auf und siehst als erstes die Nase da… [zeigt auf die Nase von Flo]

Flo: Ja, weil die Nase auch der Grund ist, dass du so früh aufstehen musst.

Peter: Ja eben nicht, man ist ja auch selbst eine Nase und Teil des Ganzen, aber das sind halt so Momente, wo einen einfach alles ankotzt. Wir hocken halt viel aufeinander und da passiert sowas mal.

Flo: Man muss halt auch viel entscheiden, zum Beispiel eine Setlist. Mittlerweile haben wir das sehr gut im Griff, aber das sind auch so Sachen, wenn man über die Position eines Liedes diskutiert, das kann eine ganz eigene Dynamik entwickeln.

Gibt es in eurer Band eigentlich auch einen Bandleader a lá Dave Grohl bei den Foo Fighters, der im Zweifelsfall diktatorisch bestimmt?

Flo: Natürlich. Dave Grohl war ja auch Schlagzeuger und deswegen wird sich auch bei uns der Schlagzeuger in den nächsten Jahren als Frontmann hervortun. [lacht]

Peter: Nein das gibt’s nicht bei uns. Das macht es natürlich schwerer, aber ich finde das auch gut.

Flo: Es ist halt immer eine Entscheidung von uns allen. Bei kreativen Dingen hat sowieso jeder seinen eigenen Kopf. Aber zum Beispiel auf der neuen Platte gibt es keine Noten und kein Wort, hinter dem nicht jeder von uns zu 100 Prozent steht. Ich hab einen sehr guten Freund, der hat auch eine Band und der ist im Prinzip wie Dave Grohl. Und das klappt – nur möcht ich nie in seiner Band spielen! Wenn da jemand kommt und dir immer sagt: „Du spielst denn Takt jetzt so und so“, da denke ich mir nur „Ja dann spiel’s doch selbst!“

Jungs, wir danken euch für das Gespräch!

Flo: Keine Ursache! Abschließend würde ich noch gern die Band Bomb à Datiér grüßen, Alexandras Vater als FC Bayern-Fan und alle Sportkameraden!

Das Interview führten Alexandra und Robert.

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