Alles aus Liebe

Das 14. Internationale Kurzfilmfestival cellu l’art ist in vollem Gange – und die unique ist natürlich dabei.

von Frank

So segenreich das ersehnte warme Wetter für die Open-Air-Eröffnung des cellu l’art-Festivals am Dienstag war, so ungünstig ist es für die Film-Blöcke in der „Villa am Paradies“, wenn eben diese grüne Insel am Abend lockt: Wer möchte da schon im Kino sitzen? Offenbar wollten das einige, denn die ersten Film-Blöcke des Kurzfilmfestivals waren am Mittwoch trotz Hochdruckeinfluss gut besucht.

Dazu zählte u.a. der erste Teil des diesjährigen Länderschwerpunktes Türkei. In drei Filmblöcken präsentieren sich bis Freitag insgesamt 18 Kurzfilme, die einen Einblick in die Vielfalt der türkischen (und deutsch-türkischen!) Filmkunst geben. Am Mittwoch bildeten sechs Filme unter dem Motto „Mit und ohne Worte“ den Auftakt, und sie zeigten bereits, auf welche Vielfalt sich das Publikum beim Länderschwerpunkt freuen kann. Neben verstörend-realistischen Schilderungen („Ali ata bak“ von Regisseur Orhan Ince) und atemberaubender Kameraführung („Ölü Ogullar“ von Bilal Cakay) stellten diese Filme mehr als einmal die Frage nach Identität und Zugehörigkeit. Besonders eindringlich schafft dies „Vatersprache“ von Regisseurin Mirjam Orthen, in dem eine junge Frau, in Deutschland aufgewachsen, mit ihrer türkischen Verwandtschaft konfrontiert wird: Kaum trifft der Besuch aus der fernen Türkei ein, spricht auch ihr Vater plötzlich nur noch Türkisch. Mirjam Orthen versteht es auf beeindruckende Weise, die plötzliche Fremdheit im Vertrauten und das Unwohlsein der jungen Protagonistin einzufangen. Da die türkischen Gespräche nicht untertitelt sind, überträgt sich die Verwirrung und Überforderung direkt auf den Zuschauer. Es ist solcherlei Filmkunst, die kulturübergreifend nachdenken lässt über das, was uns nah und zugleich unsagbar fern sein kann: die Heimat oder die Familie, die man liebt.

Natürlich ist auch der Wettbewerb in vollem Gange, in dem am Samstagabend (21 Uhr) die Gewinnerfilme gekürt werden. Am Mittwoch präsentierten sich die ersten drei Wettbewerbsblöcke den kritischen Augen des Publikums, das für jeden der Filme seine „Schulnoten“ vergeben konnte – man darf also gespannt sein auf den Gewinner des dieses Jahr erstmals dotierten Publikumspreises. Gute Chancen dürfte dabei ein Animationsfilm aus dem zweiten Wettbewerbsblock haben: „Bear me“ von Kasia Wilk, die bezaubernd gestaltete Geschichte über die Beziehung zwischen einem Mädchen und einem Bären.

Überhaupt war gerade dieser zweite Wettbewerbsblock (den ihr am Freitag um 18 Uhr noch einmal sehen könnt) prall gefüllt mit Liebe: mit Liebe im Alter, am Pool und kurz vorm Weltuntergang. Und vielleicht ist ja auch ein bisschen solcher Liebe, die den Zuschauer trotz warmer Nächte in die „Villa“ locken wird – und die das nimmermüde cellu l’art-Team einen organisatorischen Marathon durchstehen lässt: die Liebe zum kurzen Film.

Weitere Infos:

cellu l’art.de

bildflimmern.de

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