Rezension: Kleine Länder und große Niederlagen

Eines kann man Nick Hornby wahrlich nicht vorwerfen: Dass er phantasielos sei.

von Chrime

Die vier Geschichten seines neuen Bandes Small Country zeichnen sich allesamt durch ungewöhnliche, bisweilen absurde Konstellationen aus, die dennoch direkt aus dem Leben gegriffen scheinen. Das gelingt dem Kultautor durch seine zutiefst menschlichen, zumeist jugendlichen Protagonisten. Lakonisch heißt es dementsprechend auf dem Buchrücken: „Vier Erzählungen von Nick Hornby, in denen umwerfend sympathische und leicht naive Menschen in ziemlich blöde Situationen kommen und versuchen, das Beste daraus zu machen.“
Zunächst wird dem Leser in Not a Star die Konfrontation einer Mutter mit der Pornokarriere ihres gut bestückten Sohnes nahegebracht. Als Pointe platziert Hornby dabei, dass es sich bei diesem keineswegs um einen rebellischen, sondern vollkommen durchschnittlichen Typen in einer ebenso durchschnittlichen Familie handelt. Das gibt der Geschichte die entscheidende Würze und es macht Spaß, die Mutter auf dem Weg durch ihre Gedankenwelt zu begleiten. Im titelgebenden Small Country ist der Name Programm: Champina, gelegen zwischen Frankreich, der Schweiz und Italien, ist das kleinste Land der Welt. Als der 14-jährige kulturinteressierte Stefan sich weigert, den Platz seines Vaters in der Fußballnationalmannschaft einzunehmen, droht die Staatspräsidentin – seine Mutter – mit Hausarrest. Also wird das Spiel gegen San Marino, gegen das regelmäßig 0:30 verloren wird, Stefans Debüt. Die dritte Geschichte (Sonst Pandämonium) ist die vielleicht nachdenklichste. Was als klassischer Coming-of-Age-Plot beginnt, entwickelt sich zur durchaus beunruhigenden Dystopie. Ein 15-jähriger Junge und ein alter Videorekorder spielen dabei die Hauptrollen. NippleJesus berichtet schließlich von einem Ex-Türsteher, der die Bewachung eines kontroversen Gemäldes übernehmen soll. Hornby verhandelt hier mit Fragen der Moral, der Kunst und der Scheinheiligkeit gleich mehrere brisante Themen auf durchaus vergnügliche Weise.
Alle vier Geschichten sind knackig und mit dem nötigen Drive geschrieben. Wer keinen allzu großen Wert auf narrativen Tiefgang legt, dafür aber Hunger auf unterhaltsame literarische Appetithappen und angenehm „echte“ Charaktere hat, darf bei Small Country bedenkenlos zugreifen.

Nick Hornby: Small Country – Vier Storys
Kiepenheuer & Witsch 2011
158 Seiten
16,99 €

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