von Christine
Bald gibt es keine Milch mehr!“, ertönte es vor kurzem auf allen Kanälen. Die Milchbauern protestierten gegen die schlechten Milchpreise und hielten ihre Milch zurück. Die Folge: keine Milch für Käsereien und andere Betriebe, für die die Milch überlebenswichtig ist, da ja ihre Produktion darauf beruht. Doch worauf beruhen die schlechten Preise für Milch eigentlich? An der mangelnden Nachfrage wird es sicherlich nicht liegen, denn im August 2007 war die Nachfrage nach Milch im Vergleich zum Vorjahr nur sehr leicht gefallen (um 0,2%). Andere Milchprodukte wie Käse, Quark und Joghurt sind sogar im Kurs um bis zu 15%. gestiegen.
Woran liegen also die niedrigen Preise, wenn nicht die Nachfrage Schuld trägt?
In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden erstmals Agrarsubventionen verteilt, welche die Unterproduktion landwirtschaftlicher Produkte in den Griff bekommen sollten. Diese garantierten den Bauern ein Abkaufen der überschüssigen Produkte zu Festpreisen durch den Staat. Dadurch stieg die Produktion und
der Markt konnte wieder voll abgedeckt werden; der Plan ging also zuerst auf. Doch dann stieg die Produktion weiter und der Überschuss sammelte sich in den staatlichen Lagern zu den so genannten Butterbergen, Milchseen und Fleischbergen.
Durch diese Überproduktion fiel allerdings auch der Preis der Produkte immer weiter und hat sich davon bis heute noch nicht erholt. Die Butterberge und Milchseen wurden 2007 vollständig durch erhöhte Nachfrage abgetragen, was man auch durch die höheren Preise für landwirtschaftliche Produkte gemerkt haben könnte. Doch nicht nur die Nachfrage brachte die Butter zum Schmelzen, sondern auch die Kürzungen der EU-Subventionen trugen dazu bei. Allerdings bedeutet das auch, dass die Bauern weniger Geld bekamen und sich stärker auf den internationalen Wettbewerb stützen müssen. Dort bekommt man aber für die Milch nur durchschnittlich 27 Cent und da das den Bauern nicht reicht, streiken sie für einen Preis von 40 Cent pro Liter.
Was passiert mit der zurückgehaltenenMilch?
Die zurückgehaltene Milch wird von den Bauern an Jungtiere verfüttert. Doch auch die können nicht die ganze Milch trinken, die zurückgehalten wird. Der Rest wird entsorgt, indem es mit der Gülle auf die Äcker
gelangt oder einfach in den Abfluss gekippt wird. Milch ist aber nicht das einzige Lebensmittel, das einfach auf den Müll kommt. Viele andere Produkte werden aus den verschiedensten Gründen entsorgt. Eine der Ursachen liegt im Kapitalismus vergraben.
Ein Artikel erzielt nämlich am meisten Geld, wenn er eine knappe Ressource ist. Also werden Tonnen von Lebensmittel auch schon mal vernichtet um die Knappheit zu bewerkstelligen und die Preise in die Höhe zu treiben. Weitere Gründe sind die Richtlinien der EU, wie ein Nahrungsmittel beschaffen sein muss, um für
den Markt tauglich zu sein. Nicht nur gesundheitliche Aspekte zählen bei der Auswahl, sondern auch ästhetische Merkmale können zur Auslese führen. Beispielsweise werden nur Bananen eingeliefert, die noch fast grün sind, obwohl gelbe bis leicht braune Bananen gesünder und besser im Geschmack sind.
Allerdings wird diese Auslese nicht nur von der EU mit Hilfe der Richtlinien vollzogen, sondern Lebensmittelgeschäfte praktizieren ein ähnliches Schema. Obst und Gemüse müssen eine bestimmte Farbe
haben, um als frisch zu gelten. Es darf keine Druckstellen oder braune Flecken haben, denn das kauft kein Kunde mehr. Tatsächlich sieht Obst ohne Druckstellen viel attraktiver aus und wird deshalb eher gekauft. Allerdings ist es nicht gerechtfertigt aus diesem Grund den Rest der Lebensmittel zu entsorgen. Auch eine braune Stelle an einem Apfel macht ihn nicht ungenießbar. Solche Sachen sollten nicht in den Müll – doch genau das tun viele der Geschäfte.
Gibt es nicht auch Alternativen?
Die gibt es und man findet sie mittlerweile in fast jeder größeren deutschen Stadt. Die Tafel kauft billig Restposten von Lebensmittelhändlern auf; Obst und Gemüse, aber auch Produkte, deren Verfallsdatum
unmittelbar bevorsteht. Die werden dann an Menschen, die weniger Mittel zur Verfügung haben, weiterverkauft zu sehr niedrigen Preisen. Viele Lebensmittel können so gerettet werden, doch scheinbar geht es auch anders und zwar mithilfe des so genannten „Containern“. Das bedeutet, dass Menschen am Abend
oder in der Nacht mit Taschenlampen und Säcken ausgerüstet auf Supermarktgelände schleichen, um dort die Mülltonnen voller brauchbarer Lebensmittel auszurauben.
Ob das allerdings viel Erfolg hat, ist noch ungeklärt. Angesichts solcher Alternativen sollte man sich fragen, warum Kaufhallen ihre Lebensmittel in den Müll werfen; bleibt ihnen doch notfalls auch der Billigverkauf, der immer noch mehr einbringt, als dass man Müllgebühr zahlen muss.
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