Mit Giesbert zu Knyphausen tritt unter dramatischen Regenwolken ein Kenner der Melancholie in der Kulturarena auf. Seine Texte sind nicht überladen, sondern ehrlich, so dass er sich auch an Themen herantrauen kann, die bei anderen Künstlern sehr schnell in Kitsch abstürzen würden.
von Ladyna
Manche Menschen mögen auf noch so einer großen Bühne stehen: sie wirken immer noch wie der nette Typ von nebenan. Selbst, wenn sie auf einen flippigen Namen hören (der in diesem Fall noch nicht einmal ein Künstlername ist) und schon mehr als ein Jahrzehnt im Geschäft sind. Diesen Eindruck hat man auch bei Gisbert zu Knyphausen, der am Mittwochabend bei der Kulturarena auftrat. Nachdem die Vorgruppe, die amerikanische Alt-Country Band Wayne Graham, die eher mit dezenter Hintergrundmusik glänzte, das Publikum aber nicht in Bewegung versetzen konnte, bestach zu Knyphausen mit seiner ruhigen Ausstrahlung und seinen Texten, die oft feinsinnige Beobachtungen des alltäglichen Überlebenskampfes sind. Seine Musik ist sphärisch, perfekt dramaturgiert und meist mitreißend genug, um das Publikum in Bewegung zu versetzen.
Musiker wie er, die es verstehen, die Lücken zwischen den Worten sprechen zu lassen, schaffen es, auch die großen, oft ausgelutscht erscheinenden Themen des Existierens mit neuen Assoziationen aufzuladen. Giesbert von Knyphausen singt gegen die erschreckende Banalität des Lebens an, in seinen Liedern schwingen die existenziellen Fragen mit, die hinter dem Alltag lauern. „Dieser Tag war wiedermal bloß eine Lücke in der Zeit.“ Er und seine Band zelebrieren Melancholie und Weltschmerz gekonnt mit schönem Bühnenbild und stilvoller Beleuchtung untermalt. Mal anklagend, mal eher kontemplativ, aber ohne sich in die Hoffnungslosigkeit hinein zu stürzen. Vielmehr ist die Traurigkeit der Anknüpfungspunkt, ein verbindendes Element, dass jeder nachspüren kann. Das wechselhafte Wetter der frischen Sommernacht liefert hierfür die perfekte Hintergrundstimmung. „Und der Mond glotzt und schweigt, was soll er denn auch sonst tun?“, wird der Himmelskörper besungen, der sich an diesem Abend versteckt hält.
Die verschiedenen Facetten des Lebens, die zu Knyphausen in seinen Liedern besingt, sind ebenso glaubhaft und spannend wie die Vielfalt im Publikum, die sich an diesem Mittwochabend vor der dramatischen Regenwolkenkulisse versammelt hat. Turtelige Pärchen fast aller Altersklassen, bierseelige Freundesgruppen, hochmotiviert, raumgreifend Tanzende und solche, die allerhöchstens verstohlen mit dem kleinen Zeh zucken. Miniaturmenschen mit riesig wirkenden Kopfhörern in Tragetüchern werden von ihren Müttern mitgeschunkelt, Nikotinjunkies blasen blaue Wolken, die nach oben steigen und sich mit dem bedeckten Nachthimmel vereinen.
Vielleicht wirkt zu Knyphausen derart authentisch, weil er selbst den plötzlichen Tod seines musikalischen Partners Nils Koppruch, mit dem er als Duo „Kid Kopphausen“ unterwegs war, verkraften musste. Man nimmt ihm die Tiefen ab, in die er mit seiner Musik schaut. Doch was ist nun die Antwort, das Mittel gegen die Schwere des Seins? Zu Knyphausen liefert auch hierfür eine schlagkräftige Antwort: „Komm lass uns trinken bis ich mich wieder versteh‘!“ Zumindest diesen Rat befolgt ein Teil des Publikums recht fleißig.
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