Wie Menschen die Ausgrenzung anderer beurteilen

Menschen sehen soziale Ausgrenzung bei andern unterschiedlich – je nachdem wie sehr ihrer Meinung nach die ausgeschlossene Person selbst schuld daran ist. Dies zeigt ein Forschungsteam der Universität Basel.

Die meisten haben schon einmal soziale Ausgrenzung erlebt – sei es in der Schule, bei der Arbeit oder im Freundes- und Familienkreis, als Betroffene oder als Beobachtende. Auch unbeteiligte Zuschauer lässt Ausgrenzung häufig nicht kalt: Wenn eine Gruppe aus Gemeinheit oder aus selbstsüchtigen Gründen jemanden ausschließt, bewerten andere dies meist als sehr negativ und unfair. Außenstehende können Ausgrenzung jedoch auch als gerechtfertigt bewerten, beispielsweise wenn sich die betroffene Person zuvor stark unangemessen verhalten oder für Unruhe in der Gruppe gesorgt hat. Ein solches moralisches Urteil richtig zu treffen, fällt jedoch oft schwer, denn Unbeteiligten fehlen Hintergrundinformationen.
Ein Forschungsteam der Universität Basel unter Leitung der Psychologin Dr. Selma Rudert hat nun in fünf Studien erforscht, von welchen Hinweisen sich Menschen in solchen Urteilssituationen beeinflussen lassen. Die Vermutung lautete dabei, dass die Ähnlichkeit innerhalb der beobachteten Gruppe für die Außenstehenden besonders wichtig ist. Die Zahl der Probanden bewegte sich je nach Studie zwischen 30 und 527.

Draußen wegen „Anderssein“
Das Ergebnis: Tatsächlich empfinden es Menschen eher als eher ungerecht, wenn jemand ausgeschlossen wird, der sich von anderen sichtbar unterscheidet. Sie nehmen nämlich an, dass diese Person nur ausgegrenzt wird, weil sie anders ist. Unterscheidet sich dagegen die ausgeschlossene Person äußerlich nicht von der Gruppe, wird eher vermutet, dass sie sich den Ausschluss durch irgendein Fehlverhalten quasi „selbst eingebrockt“ hat.
Konkret zeigten die Forschenden den Probanden unterschiedliche Ausgrenzungssituationen, so etwa in einer fiktiven Chat-Diskussion, bei der drei Studierende eine Präsentation besprachen. Die etwas eigensinnigen Ideen und Vorschläge eines der Studierenden wurden dabei von den anderen beiden regelmäßig ignoriert. Wenn nun die ausgegrenzte Person „anders“ war als sie beiden Ausgrenzenden – zum Beispiel in punkto Hautfarbe oder Heimatland –, bewerteten Beobachtende diesen Ausschluss als ungerecht. Sie waren ärgerlich auf die beiden Ausgrenzenden und bewerteten diese als schlechte Kooperationspartner. Waren sich die Gruppenmitglieder jedoch einigermaßen ähnlich – indem beispielsweise alle aus demselben Land stammten –, änderte sich das Urteil der Außenstehenden: In diesem Fall bewerteten diese die ausgegrenzte Person als negativ, schrieben ihr die Schuld am Ausschluss zu und wollten nichts mit ihr zu tun haben.

Auch oberflächliche Hinweise zählen
Weiter fand das Forschungsteam heraus, dass die Ähnlichkeit das soziale Urteil auch dann beeinflusst, wenn die Ähnlichkeit nur oberflächlich besteht (etwa weil die ausgegrenzte Person eine andere Frisur hat). Dies spricht dafür, dass Menschen die Ähnlichkeit der beobachteten Gruppe eher unbewusst in ihr moralisches Urteil mit einfließen lassen. „Die Untersuchungen sind wichtig für Themen wie Mobbing und Ausgrenzung in der Schule oder am Arbeitsplatz“, sagt Forschungsleiterin Rudert. Denn wenn sich Menschen zu stark von oberflächlichen Hinweisen leiten und dabei tatsächliche Informationen außer Acht lassen, könne es schnell zu Fehlurteilen mit gravierenden Konsequenzen kommen. Erhalten unschuldig Ausgegrenzte keine Unterstützung von anderen, verstärkt sich ihre Isolation weiter. „Im Idealfall sollte man daher immer versuchen“, so Rudert, „die ganze Geschichte hinter einer Ausgrenzung zu verstehen, bevor man sich zu einem schnellen Urteil hinreißen lässt.“

(Quelle: idw / Universität Basel)


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