Sie stammen aus Transsilvanien und ihre Namen beinhalten allesamt mindestens ein V: Vampire haben in unserer Gesellschaft seit Jahrhunderten mit Vorurteilen zu kämpfen. Im Rahmen der Rumänischen Kulturtage räumt der Südosteuropaforscher Peter Mario Kreuter auf mit dem Klischee, dass der Vampir an sich Rumäne ist.
von Robin
Reißzähne, blasse Haut und der unstillbare Durst nach Blut – der Vampir ist aus der Literatur- und Filmlandschaft kaum noch wegzudenken. Obwohl der Mythos mittlerweile schon einige Jahrhunderte auf dem Buckel hat finden kreative Regisseure immer wieder neue Wege den nachtaktiven Jäger auf die Leinwand zu bringen. Nosferatu aus dem Jahre 1922 bleibt dabei eine der ikonischsten Darstellungen: Hier ist der Blutsauger Orlok eine schreckliche, dämonische Gestalt vor der ein jeder Reisende gewarnt wird. Mittlerweile versuchen Filmemacher jedoch andere Ansätze: So verändert Timur Bekmambetow die Vergangenheit und lässt in Abraham Lincoln Vampirjäger (2012) den damaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten auf die Blutsauger los. Taika Waititi und Jemaine Clement werfen den Grusel vollständig über Bord und inszenieren in 5 Zimmer Küche Sarg (2014) das alltägliche Leben einer sympathischen Vampir-Lebensgemeinschaft in Neuseeland. Der Vampir geistert nun schon seit über einem guten Jahrhundert auf der großen Leinwand umher und hat sich in dieser Zeit deutlich verändert: Handelte es sich am Anfang noch um einen blutrünstigen Menschenjäger und später um einen verführerischen Vorzeige-Gentleman mit dem nächtlichen Drang zum Blutsaugen, tauchen nun auch liebenswerte Vampirväter (Hotel Transsilvanien 2012) und glitzernde Glamourfledermäuse (Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen 2008) in den Kinos auf.
Aber was hat es mit diesem Phänomen auf sich? Peter Mario Kreuter promovierte 2001 mit einer Arbeit über den Vampirglauben in Südosteuropa und ist heute als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Leibniz-Institut Regensburg für Ost- und Südosteuropaforschung tätig. Anlässlich der Rumänischen Kulturtage war er zu Gast in Jena und erklärte in seinem Vortrag: „Der Vampir ist kein rein rumänisches Wesen, sondern hat seine Wurzeln in ganz Südosteuropa.“ Denn schon bevor der irische Schriftsteller Bram Stoker 1897 den Rumänen Vlad III. als Vorlage für seinen Roman Dracula benutzte, ereignete sich in Serbien im 18. Jahrhundert der erste eindeutig dokumentierte Vampirvorfall. 1725 untersuchte der österreichische Kameralprovisor Frombald mehrere seltsame Morde im Dorf Kisilova und stand vor einem Rätsel, denn der vermeintliche Mörder war bereits lange tot. Die übrigen Dorfbewohner öffneten daraufhin sein Grab, pfählten den Toten und verbrannten den Körper. Dieses Vorgehen hatte Tradition. Kreuter zufolge, gäbe es Hinweise auf weitere Vorfälle die sogar noch bis ins 16. Jahrhundert zurückliegen würden. Diese Vampire hatten aber nichts mit den heutigen gemeinsam. So konnte jeder nach einem zu frühen, zu späten oder falschen Tod als Vampir wiederauferstehen. Der ursprüngliche Otto Normalvampir ist also Serbe.
In den nächsten Jahren folgten weitere Berichte über mutmaßliche Auferstandene. Schlussendlich wurden diese in der medizinischen Wochenschrift Nürnberg veröffentlicht und verbreiteten den mysteriösen Vampirglauben im Rest von Europa. Der Vampir wurde berühmt und eroberte schnell die Literaturszene. Gleichzeitig erhielt der Vampirglaube von kirchlicher Seite Aufmerksamkeit. Der katholische Gelehrte und Abt Augustin Calmet veröffentlichte im Jahre 1746 seine Schrift über abergläubische Erscheinungen in Europa, darunter Hexenverbrennungen, Besessenheit und den Vampirismus. Dabei bezog er sich auf mehrere Verweise von ungarischen Priestern, die in ihren Dörfern dieselben Probleme mit Vampiren hatten. Unterstützt wurde der abergläubische Abt von Constantin Mavrocordat. Dieser war langjährig Fürst der Walachei und Moldau und erzählte dem Abt von weiteren Begebenheiten in seinem Herrschaftsgebiet. Zum endgültigen Rumänen wurde der Vampir aber 1756 dank dem österreichischen Militärarzt Georg Tallar und seinem Bericht über zahlreiche, vermeintliche Vampirmorde in der Walachei. Tallar suchte rationale Erklärungen für diese Vorfälle. Seine Schlussfolgerung: Die religiöse Bevölkerung würde in der strengen Fastenzeit unter Fieberträumen und Wahnvorstellungen leiden. Geräusche aus den Gräbern waren auch nichts Übernatürliches. Viele Tote wurden demnach einfach falsch und nicht tief genug begraben, würden daraufhin faulen und nach einiger Zeit aufplatzen. Das konnte zuweilen sehr laut werden. Der altertümliche Volksglaube habe aber auch heute noch Bestand. So wäre der Vampirglaube bei der ländlichen Bevölkerung immer noch beliebt, schlussfolgert Kreuter anhand eigener Beobachtungen. Er biete sich als Sündenbock für diverse schlechte Ereignisse an, wie z.B. das Auto, das über Nacht kaputtgegangen ist. Tagsüber gibt ein Vampir eben einen guten Schuldigen ab – immerhin kann er sich zu der Zeit nicht wehren. Ob er sich für die schlechte Publicity nach Anbruch der Nacht noch rächt bleibt dann aber abzuwarten.
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