Ein Besuch auf dem FDP-Sommerfest als journalistische Sinnsuche.
von Frank & Martin
Am Fuße des Jenzig versammeln sich an diesem Abend im August Liberale und interessierte Bürger zum FDP-Sommerfest. Die Kreisverbände Gera, Jena und Saale-Holzlandkreis haben geladen, Abgeordnete und sonstige Prominenz aus Landes- und Bundespartei gibt sich die Ehre, das Bier ist kostenlos. Doch der eigentliche Grund für die Präsenz der lokalen Medien – und wohl auch der meisten anderen Nichtparteimitglieder – nähert sich der Kleingartensiedlung erst nach 19:30 Uhr: Philipp Rösler, Vizekanzler, Wirtschaftsminister, Parteichef der FDP. Blitzlichtgewitter, allerlei Händeschütteln mit den Parteifreunden aus Stadt und Land, Schulterklopfen. Eine Handvoll Gruß- und Dankesworte später, ergreift der Parteichef selbst das Wort.
Dass Rösler seine „zwei, drei, vier oder auch fünf Bier“ mit den Anwesenden an diesem Abend nicht würde bewerkstelligen können, lässt sich schon während seiner Rede erahnen, die eine knappe Viertelstunde dauert und sich vor allem mit Frontalangriffen auf den politischen Gegner befasst: In liberalem Furor geißelt er die Pläne der SPD und den „bösen Räuber Hotzenplotz“ Trittin, der sich als „grüner Robin Hood“ tarne. Jeder, der noch eine Ampel-Koalition für möglich hält, wird knallhart auf den Kleingarten-Boden der Realität zurückgeholt. Natürlich darf auch der – nunmehr schon totdiskutierte – grüne „Veggie-Day“ nicht fehlen.
Derweil fotografieren die Lokalmedien fleißig und ziehen danach von dannen. Schade eigentlich, denn jetzt soll es doch erst richtig los gehen. Rösler und die Basis, Rösler und die Jenaer, hautnah. Bei den bemerkenswert laxen Sicherheitsvorkehrungen ist allemal Raum für einen Händedruck, für Autogramme, unzählige Fotos – und ein paar Fragen? „Zwei, drei Fragen“, heißt es. Schnell die „Record“-Taste gedrückt, im Stehen, zwischen dem einen und dem nächsten Foto-Lächeln:
unique: Herr Rösler, Sie möchten vor der Wahl einen Parteibeschluss gegen eine mögliche Ampel-Koalition erwirken. Das hieße dann nach der Wahl: Schwarzgelb oder in die Opposition. Finden Sie es nicht gefährlich, die FDP so an die Union zu ketten?
Rösler: Es gibt keine Alternative, sondern es gibt nur Schwarzgelb… Das schaffen wir.Und jetzt mal im Ernst…?
Es hat etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun: Gibt es inhaltliche Übereinstimmung, ja oder nein? Rote und Grüne stehen für Steuererhöhung, Belastung, Bevormundung – also das Gegenteil von dem, was wir wollen. Und wenn wir uns so deutlich von den anderen Parteien unterscheiden, dann muss man das auch so klar sagen – genau das wollen wir mit unserem Wahlkonvent am 12. September auch tun.Apropos unterschiedlich: Die FDP wirbt mit „Schluss mit Schulden“, die CDU als Ihr Koalitionspartner verspricht Wahlgeschenke in Milliardenhöhe. Wie passt das dann zusammen?
Es passt sehr gut zusammen, denn es zeigt, dass wir als Korrektiv gebraucht werden. Es war ja die FDP, die schon in dieser Legislatur durchgesetzt hat, dass wir einen strukturell ausgeglichenen Haushalt für 2014 einbringen. Auch da war die Union zuerst dagegen. Erst auf Druck der FDP ist das gemeinsam gelungen – und nur gemeinsam wird es uns gelingen, 2015 ohne neue Schulden auszukommen. Das zeigt, wie wichtig die FDP als Korrektiv in dieser Koalition ist.Letzte kurze Frage – quasi eine Gewissensfrage: nach der Wahl lieber Oppositionschef oder noch einmal vier Jahre mit Horst Seehofer herumärgern?
Das Ziel ist es, die erfolgreiche Koalition aus Union und FDP fortzusetzen. Und entgegen mancher Behauptungen verstehen wir uns hervorragend – Angela Merkel, Horst Seehofer und ich.Vielen Dank, Herr Dr. Rösler.
Das war‘s. 84 Sekunden mit dem Vizekanzler. Doch man tröstet sich: Für den Podcast der eigenen Partei-Jugend, der „besten Jugendorganisation der Welt“, hat Rösler auch nicht mehr Zeit. Ein paar Fotos auf dem „Gelben Sofa“ der JuLis, dann geht’s wieder zum Händeschütteln. Wenig später entschwindet der Vizekanzler. Es ist kühl geworden am Jenzig; die Kleingartenfraktion bleibt zurück und freut sich über den Hauch der großen Bundespolitik, der dieses beschauliche Sommerfest für einen Abend zum Zentrum des liberalen Wahlkampfes machte.
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