„Es ist wie mit dem Verlieben – Es beginnt wie ein Zufall, und dann merkst Du, dass das Schicksal einen Plan für Dich hat.“
von Hedwig
Das Schicksal des 12. Jenaer Kurzfilmfestivals cellu l´art heißt Interview. Sebastian Markas Genrefilm überzeugte nicht nur die Jury durch seinen Hauptdarsteller Stephan Großmann sowie als „bester Film“, auch das Publikum konnte er für sich gewinnen. Die Auszeichnungen nahm Marka am Samstag bei der feierlichen Preisverleihung in der 27. Etage des Jenaer Intershop Tower entgegen, der ‚beste Darsteller’ wohnte telefonisch bei.
Interview: Die Geschichte eines Gewinners
Harmlos klänge der Vergleich mit dem Verlieben (siehe oben), käme er nicht aus dem Mund des Massenmörders Tillmann in Bezug auf dessen Verbrechen. Der Protagonist des Thrillers Interview betrachtet das Spiel mit seinen weiblichen Opfern als künstlerisch-inspirative Begegnung. Von der ersten bis zur letzten von gut 19 Minuten hält sich die Spannung um den Fortgang der Geschichte, die sich zwischen dem Reporter Lennart und dem Mörder entwickelt. Kein Wunder also, dass dieser mit Preisen mehrerer internationaler Festivals dekorierte Genrefilm auch in Jena abräumte.
Auch die anderen Preisträger sind keine Unbekannten: Das ‚beste Drehbuch’ ging an den US-Amerikaner Bill Plympton für seinen Animationsfilm The Cow Who Wanted to be a Hamburger. Als ‚beste Regie’ wurde Beatriz Sanchis‘ Arbeit an Mi Otra Mitad (Meine andere Hälfte) ausgezeichnet. Der spanische Film tourte bereits über mehrere Festivals von Polen über Südkorea bis Frankreich. Nach Jena aber verirrte sich jedoch auch Nadia de Santiago, die von der Jury als beste Darstellerin befunden wurde nicht. Kleinere Seitenhiebe auf Jenas Provinzialität konnten sich da auch einige Jurymitglieder nicht verkneifen.
Eine bunte Mischung
So unterschiedlich wie die Preisträger zeigt sich das Gesamt der Filme: wer eine thematische Ausrichtung sucht, war beim Jenaer Kurzfilmfestival auch dieses Jahr an der falschen Adresse. Die ‚Magie des kurzen Augenblicks’ soll im Mittelpunkt stehen, geknüpft an den jährlich wechselnden Länderschwerpunkt. Der soll den internationalen Charakter des Festivals unterstreichen und dem Publikum die Variationsmöglichkeiten verschiedener Thematiken und Genres je nach Herkunftsland aufzeigen. Überhaupt will das cellu l´art, so Programmatik-Leiter Christoph Matiss, ein Publikumsfestival sein und zeigen, was das kurze Format alles sein kann – von unterhaltsam bis gesellschaftskritisch, experimentell oder informativ. 46 Filme verschiedenster Couleur wurden so innerhalb von sechs Tagen an den Mann gebracht. Dass dabei an inhaltsschwere Kurzspielfilme nahtlos fröhliche Musikvideos und dann wieder Dokumentationen gereiht wurden, entspricht eben diesem Konzept: Viel Film in kurzer Zeit.
Viel heiße Luft im Jentower
Raum zum Atemholen ließ indes auch die Lokalität nicht: Die Luft in der 27. Etage des Intershop Tower wurde gegen Ende eines jeden Blocks portionierbar. Das Festivalteam entschuldigte sich mehrfach für durch die Jenaer Raumproblematik entstehenden Unannehmlichkeiten. Die schlechte Sicht auf die Untertitel aus den hinteren Reihen und bisweilen etwas holprige Wechsel zwischen den digital wiedergegebenen Filmen störten das überwiegend studentische Publikum allerdings scheinbar weniger als die beherzten Organisatoren.
Jena ist nicht Berlin, das merkt man spätestens auf der Suche nach einem geeigneten Rahmen für ein Kurzfilmfestival. Mehr noch, wenn dieses sich entwickeln und seine Bedeutung innerhalb Deutschlands ausbauen möchte. Trotz mehrfach ausverkaufter Filmblöcke und insgesamt 2.000 Festivalbegeisterten dürfte für die Organisation daher schmerzhaft bleiben, dass der Sprung aus dem Studentenmilieu auch in diesem Jahr nicht gelang. Aus den mehr als 250 Einsendungen hatte das ehrenamtlich arbeitende Festivalteam eine Fülle an Filmen erlesen, die sich wirklich sehen lassen konnten. Wir blicken zurück auf ein Fest, zu dem uns engagierte Filmbegeisterte luden und das hoffentlich auch im nächsten Jahr große kurze Filme ins kleine Jena bringen wird.
(Foto: © cellu l’art)
Zum Weiterlesen: Gespräch mit Sebastian Marka
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