Am 11.11. machen die Beatsteaks auf ihrer aktuellen Live-Tour in Erfurt Station. Vorab sprach Drummer Thomas Götz mit uns über die neue Platte, die Bandgeschichte – und darüber wieso er nach so vielen Jahren noch immer Lampenfieber auf der Bühne hat.
unique: Thomas, was erwartet diejenigen, die euer neues Album nicht kennen, auf dem neuen Album Beatsteaks und der dazugehörigen Tour?
Thomas Götz: Sie erwartet die Band, die sie vielleicht schon von den sechs Alben davor kennen: Immer noch derselbe Sänger, dieselben Gitarristen, derselbe Bassist und derselbe Drummer. Aber die Band hat trotzdem versucht, sich etwas Neues einfallen zu lassen. Und je nachdem, ob diejenigen dann progressiv oder konservativ veranlagt sind, werden sie sagen: „Das sind die Beatsteaks, die ich kenne und liebe“, oder aber: „Naja, da sind mir die Beatsteaks aber zu weit gegangen“.
Auch auf der Tour erwartet sie wieder dieselben Leute: Wir sind nicht Rammstein, das heißt, es gibt keine Pyrotechnik. Die Show besteht wie immer daraus, dass man uns dabei zusehen kann, wie wir Musik machen. Und ob es dann ein guter oder ein schlechter Abend wird, hängt ja immer auch zu 50 Prozent vom Publikum ab, das mit seinen Händen entscheidet.
Zwar keine ganz neue Frage für euch, aber wie fühlt es sich an, auf Platz eins der Albumcharts zu sein?
Es ist ein sehr angenehmes Gefühl und es hat sehr entspannende Wirkung. Noch mehr allerdings freuen sich die Leute, die mit einem arbeiten – also die Plattenfirma, das Management, das Booking. Das ist schon fast wie ein Preis für ihre Arbeit und es ist im Musikgeschäft halt sehr wichtig, von sich selbst zu sagen, dass man die Nummer eins ist und ich freu mich auch total für die. Es hat irgendwie mehr Bedeutung als ich, der den Großteil seiner Zeit im Proberaum verbringt, wirklich verstehe.
Aber das heißt jetzt nicht, dass ich irgendwie einen Ekel davor habe. Nummer eins sein ist doch toll: Wir verkaufen mehr Platten und wir haben es geschafft, Helene Fischer für eine Woche von Platz eins der Charts zu verdrängen. Das ist wie wenn der FC St. Pauli auswärts gegen Bayern München gewinnt!
Es gibt euch seit 19 Jahren. Wann kam bei dir das Gefühl, dass ihr den Durchbruch als professionelle Musiker geschafft habt?
Ich bin ja seit 1998 dabei und 2001 hab’ ich zum ersten Mal von der Band Geld überwiesen bekommen. Das waren, glaube ich, 500 Mark und das war für mich der totale Hammer. Da dacht‘ ich mir: „Wow, vielleicht bist du doch Musiker.“ Aber ich kann mich auch an ein Gespräch erinnern, das wir 1999 auf der „Deconstruction-Tour“ hatten: Wir waren in Bordeaux und saßen auf der Straße. Unser damaliger Bassist Ali Rosa sagte, wenn das alles so weiter laufen würde, wie es lief, müsste er wohl aussteigen, weil er an seinem Job hängt. Für mich hat das dann wiederum im Umkehrschluss bedeutet: Irgendwann ist vielleicht mein Job flöten, aber dann lebe ich von der Band.
Wie schafft man es 19 Jahre lang als Band zu bestehen, ohne sich gegenseitig an die Gurgel zu springen?
Naja, wir sind ja keine Raubtiere, sondern Menschen und haben eine Sprache: Wir sind eine Band, die sehr viel redet. Natürlich kann man sich nicht jeden Tag gleich gut leiden, das geht auch gar nicht. Aber wir können uns nie so wenig leiden, dass uns der Weg zum Gespräch verwehrt wäre. Wir können einfach über alles reden und das hält uns lebendig.
Ihr habt im Laufe eurer Bandgeschichte zwei Mitglieder verloren: Das eine war dein Vorgänger an den Drums, das andere euer Bassist. Wie geht man als Band mit so etwas um?
Naja beim ersten Verlust hab ich mich wirklich sehr gefreut, dass es passiert ist (lacht).
Kann ich mir vorstellen…
Und bei unserem Bassisten war es jetzt auch kein großes Drama. Ali ist immer noch ein guter Freund, aber unsere Wege haben sich halt getrennt. Unser neuer Bassist wurde sogar von Ali vorgeschlagen. Da ist jetzt kein böses Blut. Wir spielen auch heute Abend in Berlin und natürlich hoffe ich, dass Ali kommt.
Stichwort Berlin: Welche Bedeutung hat die Stadt für euch?
Naja, für vier von uns ist es die Heimatstadt und zu der hat man natürlich immer eine besondere Beziehung – die schönste Stadt Deutschlands. Ob Berlin jetzt einen Einfluss auf unsere Musik hat, weiß ich nicht. Aber ich finde, es ist immer noch ein sehr lebenswerter Ort und dafür sollte man kämpfen.
Ihr habt als Band bereits ziemlich große Erfolge gefeiert. Was sind eure Ziele für die Zukunft?
Natürlich am 11.11. in Erfurt in der Thüringenhalle ein geiles Konzert zu spielen. Und ich find‘, wenn man in Erfurt lebt, sollte man sich diesen Tag freihalten! Am Faschingsanfang die Beatsteaks in deiner Stadt zu haben – das passiert vielleicht alle tausend Jahre. Abgesehen davon will ich einfach gesund bleiben. Und natürlich wünsche ich mir, dass es den Menschen um mich herum – meinen Freunden, meinen Bandkollegen – gut geht. Dass wir einfach so lange wie möglich das machen können, was wir machen. Ich muss nicht die Welt umrunden oder höher springen als alle anderen. So etwas interessiert mich einfach nicht.
Was, denkst du, ist euer Erfolgskonzept? Was mögen die Leute an den Beatsteaks?
Wir gehen relativ offenherzig auf die Leute zu und nehmen sie einfach mit offenen Armen in Empfang. Es geht uns nicht darum, über den Leuten zu stehen, sondern sie mitzunehmen.
Sind die Beatsteaks eine Band, die lieber Konzerte spielt oder lieber ins Studio geht?
Ich glaube vier Fünftel unserer Band spielen gerne Konzerte und ein Fünftel von uns sagt: „Ich find Aufnahmen auch ganz geil“.
Bist du dieses Fünftel?
Möglich (lacht)… könnte was dran sein.
Aber wieso?
Natürlich machen wir Platten, damit wir Konzerte spielen können, aber manchmal hab ich auch einfach Angst. Das Lampenfieber wird mir dann zu stark.
Nach so vielen Jahren noch?
Caterina Valente hat mal gesagt, dass das Lampenfieber nie aufhört. Und das ist, glaube ich, der einzige Satz, mit dem sie je Recht hatte.
Was macht man dagegen?
Der eine wird eher extrovertiert, der andere eher introvertiert. Der eine kippt ein Bier, der andere springt auf und kriegt Gänsehaut. Es gibt da ganz viele Ansätze und keiner klappt.
Und was ist deine erfolglose Taktik?
Ich versuche ganz unauffällig die Schnauze zu halten und möglichst wenig Aufmerksamkeit zu bekommen. Als Drummer ist man eh eher Abwehrspieler.
Lieber Thomas, wir danken dir für dieses Interview!
Das Interview führte Robert.
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